Europameisterschaft der universitären Segler in Cherbourg

Auch in unserem Jubiläumsjahr konnten wir unseren Wimpel im französischen Cherbourg-Octeville erfolgreich hochhalten. Uns gelang es erneut, als bestes deutsches Boot abzuschneiden.

Eine Crew von vier Studenten aus unserer Hochschulgruppe erlebte eine abenteuerliche Anreise, lieferte sich spannende Duelle in Fleetraces der Einheitsklasse J/80 und erlebte eine spannende Woche im Feld von 30 internationalen Teams. Die Konkurrenten und Freunde kamen aus Italien, Schweiz, England, Spanien und natürlich Frankreich.

J/80 Klasse unter Gennaker

 

Montag, der 11.03.2013 - Braucht man eigentlich Schneeketten zum Segeln?

Nach einem mehr als erfolgreichen Training am Bodensee und wenigen Stunden Schlaf brechen wir bepackt mit vielen Doppelkeksen auf in Richtung Frankreich. Nichtsahnend lassen wir die Schneeketten zu Hause.

Leichtwindtraining am Bodensee

Kurz nach Paris fallen die ersten Schneeflocken und mit Skifahrlaune fahren wir unbeirrt weiter. Wir wollen noch vor 23 Uhr in Cherbourg ankommen, um uns zu registrieren und am Dienstag top vorbereitet mit dem Training zu starten.

Erste Schneeflocken

Doch es kommt ganz anders. Frau Holle meint es nicht gut mit uns und innerhalb kurzer Zeit wird aus dem beschaulichen Schneefall ein heftiger Blizzard, der die ganze Normandie lahm legt. Wir lassen uns nicht beirren und fahren einfach weiter über die leere weiße Autobahn. Doch ca. 100 km vor Cherbourg geht es weder vorwärts noch rückwärts weiter. Uns bleibt nichts anderes übrig, als zwischen den anderen Autos mitten auf der Nationalstraße anzuhalten und zu warten. Entgegen jeglicher Hoffnung tut sich die ganze Nacht nichts. Wir müssen den Schneesturm im Auto abwettern, so viel zu Thema Golfstrom!

Dienstag, der 12.03.2013 - Guten Morgen Schneechaos

Am Morgen Jocelyn klopft an der Autotür und fordert uns auf, nur das Überlebenswichtigste einzupacken und aus Sicherheitsgründen das Fahrzeug zu verlassen. Wir wandern etwas ziellos durch ein kleines malerisches Dorf bis zum Gemeinderäumchen, in dem uns Massen gestrandeter Menschen empfangen. Hier gibt es Kaffee und Massen an Keksen, Toiletten und Steckdosen leider nur in Maßen. Nach einigen Stunden des Wartens erreicht uns plötzlich die Nachricht, dass zumindest die Straße bis zum nächsten Städtchen vom Militär geräumt wurde; der Weg bis Cherbourg leider noch nicht. Wir machen uns trotzdem voller Hoffnung auf die Reise ins Ungewisse.

Unser Unterkunft für die erste Nacht

Auch liegengebliebene LKWs auf unserer Straßenseite halten uns nicht auf und Jonas legt den Rückwärtsgang ein, die Fahrbahnseite wird gewechselt und es geht hinter dem Team aus Bolognia mit Warnblinkern nach Cherbourg. Unterwegs helfen wir nicht nur uns gegensseitig aus der Patsche, sondern unter anderem auch einem festgefahrenen Krankenwagen, samt Patient.

Als Geisterfahrer an allen Eingeschneiten vorbei

An dieser Stelle möchten wir dem netten Team aus Bologna danken, welches uns die letzten Kilometer begleitet hat. Gegenseitig schieben wir uns mehrfach unter vollem Körpereinsatz zurück auf die Fahrbahn. Entgegen allen Erwartungen erreichen wir nach 33 Stunden im Auto und einigen Schlitterpartien zum Teil auf der falschen Straßenseite doch noch Cherbourg und essen nett zu Abend. Da die Anreise bei allen Teilnehmern erschwert war, wird der Start der Regatta auf Mittwochnachmittag verschoben.

Team Bologna mit Spaß beim Vorstart

 

Mittwoch, der 13.03.2013 - Land unter in Cherbourg

Nach einer erholsamen Nacht in den gemütlichen Betten des Youth Hostels, in dem wir dieses Jahr untergebracht sind, machen wir uns auf den Weg zum Hafen um uns endlich zu melden. Wir bekommen die Segelanweisung und werden gewogen. Obwohl uns zunächst angeboten wird, auf den Booten zu trainieren, wird doch kurz darauf informiert, dass wegen technischer Überprüfung der Boote kein Training mehr stattfinden kann. Das bedeutet, dass wir noch einen kompletten freien Tag haben, bevor um fünf das erste Briefing anfängt, in dem die Segelanweisung besprochen wird und die Boote zugelost werden. Die freie Zeit nutzen wir, um zum örtlichen Decathlon zu fahren, um uns mit warmen Segelklamotten einzudecken. Doch dieser hat wegen des Schnees immer noch geschlossen.

Ein halber Meter Schnee auf dem Parkplatz

So fahren wir wieder zum Hafen und schauen uns das Layout der J/80 an und schlendern durch den Hafen. Beim ersten Briefing ziehen die Skipper die Startgruppe und das Boot. Wir werden im ersten Rennen mit Boot Nummer 1 an den Start gehen. Im Anschluss überprüft jeder sein Boot, schlägt die Segel an und befreit die Boote von Schnee.

Christian bei der Auslosung der Boote

Am Abend treffen sich die 30 Crews in der Cafeteria der Uni zum gemeinsamen Essen. Ausklingen lassen wir den dritten Tag mit Billard, Kicker und ein wenig Wein und einer guten Portion Schlaf, da es früh am nächsten Morgen rausgeht.

Donnerstag, der 14.04.2013 - Das Wasser ruft zum ersten Tanz

Um sieben Uhr läuten die ersten Wecker und das Frühstück wartet. Da um halb neun Skipperbriefing ist und wir noch das Groß anschlagen müssen, geht es gegen 8 zum Hafen. Gegen halb zehn laufen wir mit Motorbootunterstützung aus und bekommen noch eine halbe Stunde Zeit zum Trainieren. Die beiden Läufe sind mit jeweils zwei Runden eher kurz gehalten, um möglichst viele Wettfahrten durchführen zu können.

Beim Training und den ersten Manövern fällt uns das gute Layout der J/80 auf und wir merken, dass wir von dem Training am Bodensee profitieren können, denn wir harmonieren sehr gut und alle Bewegungen greifen gut ineinander.

Zum ersten Start sind wir leider etwas spät, da wir unsere Countdownuhren unabsichtlich gestoppt haben. Auf der ersten Kreuz können wir unseren Platz halten und können uns gut freihalten. Die Manöver an der Lufttonne klappen auch hervorragend und mit einem langen Gennakerschlag mit Wellen von Achtern, machen wir vereinzelte Plätze gut. Auf der zweiten Runde halten wir den Platz und so kommen wir auf einen überraschend guten 10. Platz im ersten Lauf.

Der zweite Start gelingt gleich besser und die Kreuz verläuft auch gut. Doch an der Luvtonne kommen wir in viel zu starke Turbulenzen und können nicht genug Höhe laufen um die Tonne zu passieren. In dem Tonnengetümmel handeln wir uns einen Protest und eine Tonnenberührung ein. In unserer Großzügigkeit, lassen wir zwei Kringel folgen, auch wenn wir anscheinend nur einen machen mussten.

Die ASK-Crew

Ein wenig abgeschlagen, haben wir das Feld vor uns nehmen uns noch vor, das ein oder andere Boot einzuholen. Nach einem flotten Downwind und einer risikofreudigen Kreuz verzichten wir auf einen Protest gegen ein Boot, das die Luvtonne berührt. Doch nachdem wir nur wenige Zentimeter vor eben diesem Boot nach einem Gennakergefecht ins Ziel kommen, nehmen wir uns vor, ab jetzt jedes Mal zu protestieren, wenn dies angebracht ist. Durch das Luvtonnenmalheur kommen wir leider nur auf einen 12. Rang.

Downwind mit der Nr.1

Wir übergeben das Boot an eine Crew aus Southhampton und werden mit einem Powerboot in den Hafen gebracht. Nach dem Mittagessen versuchen wir es erneut mit dem Decathlon und wühlen uns durch die Schneeberge der Küstenlandschaft zum Cap de la Hague. Hier springen wir ein wenig an der Küste rum, machen Bilder und genießen das raue Küstenklima.

Am Abend hören wir uns geduldig die Öffnungszeremonie mit Vertretern aus Politik uns Presse an, um später wieder mit den anderen Crews in der Cafeteria der Uni fahren.

Eva, Christian, Jonas und Steffi (v.l.n.r)

 

Freitag, der 15.03.2013 - Hatten wir auch Starkwind trainiert?

Heute erwartet uns ein windiger Tag. Wir starten erst in der zweiten Flotte gegen Mittag und halten uns bis dahin im Aufenthaltsraum mit Kickern warm. Als wir endlich unsere J/80 übernehmen, was Unüblicherweise im Hafen stattfindet und nicht offshore, merken wir, dass uns ein der Gennaker fehlt. Der nette Herr auf dem Begleitboot, der uns hinausziehen wird, meinte schon, dass wir keinen brauchen werden, da eh kein Gennaker erlaubt wird. Trotzdem wird uns noch schnell ein neues Tuch an Bord geschmissen und wir machen uns auf zum Starterfeld.

Downwind ohne Gennaker

Doch das Boot scheint schon einige Meilen im Kielwasser gelassen zu haben. Schon beim Groß setzen haben wir unsere Mühe, da es irgendwo hackt. Endlich das Groß oben und Fock ausgerollt, kreuzen wir hinaus. Plötzlich hat unser Steuermann Christian den Pinnenausleger in der Hand und wir schießen in den Wind. Eva, die in diesem Moment gerade die Wanten ziert, kann sich gerade noch an Diesen festhalten und läuft mit ihren Stiefeln über und durch das aufgewühlte und kühle Meerwasser. Schnell hat Christian die Pinne wieder in der Hand und der Kahn ist wieder aufs Kurs.

Leider kann der Pinnenausleger nicht kurzfristig repariert werden. So müssen wir die nächsten Läufe bei Starkwind zu dritt auf der Kante absolvieren, was uns merkliche Nachteile einbringt. Wir können trotz guter Starts so leider nicht an die vielversprechenden Ergebnisse des Vortages anknüpfen. Christian kann nicht optimal ohne Pinnenausleger steuern, Jonas am Groß hat seine Mühe, bei so viel Wind den richtigen Trimm am Groß zu finden - nur die Mädels machen einen ausgezeichneten Job auf der Kante und an der Fock.

Da geht noch mehr in Sachen: Auf die Kante!

Nach den Läufen können wir schön raumschots in den Hafen düsen. Zuvor müssen wir noch einen Tanker passieren lassen, gegen den wir wohl keine Chance hätten. So tümmeln sich 16 J/80, eine Menge Schlauchboote und die Jollen des örtlichen Segelclubs im Hafenvorbecken. Ein wunderbares Bild zum Tagesabschluss. Am Hafen puhlen wir uns aus dem nassen Ölzeug und verschwinden bald in die Jugendherberge unter die warme und verdient Dusche.

Rushhour an der Hafeneinfahrt

Samstag, der 16.03.2013 - Der Finaltag

Wir erwartet haben wir es nur in die Silverfleet geschafft, also das B-Finale. Doch dieses B-Finale kommt leider nicht zustande, da im Hafenvorbecken in Böen 40ktn gemessen werden. Es wird bis Mittag gewartet, da es ein wenig abflauen soll und das A-Finale kann doch noch gestartet werden. Wir können das Geschehen auf einem Begleitboot aus nächster Nähe mitverfolgen.

Keine zweite Reihe beim Start der Goldenfleet

Die Wettfahrtleitung hat im A-Finale ein Reff im Groß vorgeschrieben, aber dafür den Gennaker erlaubt. So erleben wir spannende und unheimlich enge Läufe, vom Start bis ins Ziel. Am Ende siegt verdient das erste Team aus Lousanne. Obwohl sie in einem Lauf die erste Hälfte auf der ersten Kreuz Probleme mit ihrem Furler hatten und nur unter Groß fahren konnten, beendeten sie auch diesen Lauf durch eine risikioreichere Kurswahl im vorderen Flottenbereich.

Spannende Positionskämpfe im Finale

Am Abend gibt es im Yachtclub die übliche Preisverleihung und ein feines Essen mit einigen Bieren. Noch in der Nacht machen wir uns auf die 900km lange Heimreise. Diesmal ohne Schnee auf leeren Autobahnen brausen wir nach Karlsruhe. Am Morgen kommen wir alle heil aber hundemüde an. Am Ende haben wir ein Verhältnis von Stunden im Auto sitzen zu Stunden im Boot sitzen von 9 zu 1. Aber lohnenswert ist der Trip nach Cherbourg immer und kann nur empfohlen werden.

Der verdiente Sieger aus Lausanne

 

Datum: 11.03.13 - 17.03.13
Revier: Cherbourg-Octeville am Ärmelkanal
Skipper: Christian
Boot: J/80
Crewstärke: 4
Studentische Teilnehmer: 4
Start- & Zielhafen: Cherbourg-Octeville, Frankreich
Typ: Up & Down
Bericht: Crew