Unzählige Jahre halten wir unseren Wimpel im französischen Cherbourg-Octeville erfolgreich hoch. Uns gelang es erneut, als bestes deutsches Boot abzuschneiden.
Eine Crew von fünf Studenten aus unserer Hochschulgruppe erlebte wertvolle Trainingstage, lieferte sich spannende Duelle in Fleetraces der Einheitsklasse J/80 und erlebte eine spannende Woche im Feld von 30 internationalen Teams. Die Konkurrenten und Freunde kamen aus Italien, Schweiz, England, Spanien und natürlich Frankreich.
Nachdem Lars noch schnell seine Masterarbeit abgegeben hatte, fuhren wir gegen kurz vor zehn mit einem voll gepacktem Stadtmobil los in Richtung Cherbourg, an die Nordküste Frankreichs.
Dort segelten wir von Mittwoch bis Samstag bei der Trophée de l'île Pelée, der französischen Hochschul-Europameisterschaft in der Bootsklasse J/80 mit, und verbrachten vorher noch ein paar Trainingstage in dem doch speziellen Revier. Dieses Jahr waren wir im Gegensatz zum letzten Jahr zu fünft: Jonas, Christian, Lars, Oli und Jana.
Obwohl wir mehrere Handys und ein Tablet mit Navi dabei hatten führte unserer Route zuerst ungewollt mit der Fähre über den Rhein, und dann mitten durch den nachmittäglichen Berufsverkehr in Paris. Auf der Strecke danach kamen die Erinnerungen an das Schneechaos im letzten Jahr wieder auf, aufgrund dessen die Straße unpassierbar geworden war und die Crew einen Tag länger brauchte bis sie in Cherbourg ankam.
Dieses Jahr lief aber alles glatt, und wir kamen nach elf Stunden Fahrt in unserem Hostel in Cherbourg an.
Die Schlüssel für unser Zimmer hatte schon eine der vier Organisationsstudentinnen der Uni für uns abgeholt, sodass wir nach kurzer Wartezeit dann unser Zimmer beziehen konnten.
Unser Trainingstag begann am Hafen mit der Zuteilung der Boot. Für das Training bekamen wir Boot Nummer 14 zugewiesen. Sechs weitere Teams waren auch schon früher angereist um noch etwas zu trainieren.
Die Organisatoren waren mit Motorbooten draußen und legten Tonnen für Trainingsregatten. Es war optimales Segelwetter: Sonnenschein und 3-5 Windstärken.
Um speziell Starts zu üben, wurde erst ein 3-minütiger Countdown für einen Trainingsstart ohne anschließendes Rennen gemacht, und direkt danach dann ein Countdown auf den eine Wettfahrt mit zwei Up-and-Down-Schlägen folgte. So konnten wir drei Übungswettfahrten am Vormittag und drei am Nachmittag fahren.
Für uns war es erstmal wichtig die Manöver und die Absprachen im Team zu üben. Das klappte im Laufe des Tages auch immer besser. In den Wettfahrten zeigte sich dann, dass die Strömung die durch den Tidenhub von 3 Metern entsteht sehr wichtig für die taktischen Entscheidungen ist.
Auch die Windverhältnisse in Cherbourg sind nicht ganz einfach, da man in einem dem Hafen vorgelagertem Gebiet segelt, dass nochmals von Mauern und Steinwällen vom Ärmelkanal abgegrenzt wird. Dadurch entstehen recht starke und teilweise nur schwer vorhersehbare Winddreher und Böen.
Zum Nachmittag waren auch noch weitere Teams angereist, so dass wir am Ende Wettfahrten mit 10 Booten segelten. Es zeigte sich dass die meisten französischen Teams ziemlich gut segeln, da viele von ihnen auch im Winter regelmäßig auf dem Wasser und in festen Teams mit professionellen Trainern trainieren.
Den Abend verbrachten wir mit Kochen und der Videoanalyse unseres Trainingstages.
Sonntag, 16.03.
Für heute Vormittag war kein offizielles Training geplant. Aber da wir motiviert waren und ja auch extra zum Trainieren eine halbe Woche vor Regattabeginn nach Cherbourg gefahren sind, war unser Plan einfach mal zum Hafen zu fahren und zu schauen ob wir auch ohne Begleitmotorboot segeln gehen könnten.
Beim Frühstück trafen wir zwei französische Teams mit denen wir schon am Samstag trainiert hatten und die auch in unserer Jugendherberge übernachteten. Und da sie sehr segelbereit? angezogen waren sprachen wir sie an, und es stellte sich heraus dass auch sie heute noch Segeln gehen wollten. Sie hatten das mit den Organisatoren abgesprochen und meinten dass wir ohne Probleme mitsegeln könnten.
Wir gingen also mit drei J/80 aufs Wasser. Es hatte schöne drei Beaufort Wind und wir planten Speedvergleiche zu fahren. Die Kommunikation auf dem Wasser über Funk mit den beiden anderen Teams war etwas schwierig, da diese untereinander nur französisch redeten und nur ab und an kurz in englisch für uns erklärten was sie planten.
Beim Geschwindigkeitsvergleich auf der Kreuz konnten wir gut mit den anderen Booten mithalten. Auf dem Genackerkurs zeigte sich dann aber doch, dass bei uns noch die Routine im Halsen und Aussegeln der Böen fehlte. Nach zwei Stunden intensivem Segeln legten wir eine Mittagspause ein, in der wir uns in der Jugendherberge mit Eintopf aus der Dose stärkten.
Nachmittags segelten dann wieder alle Teams des Vortages mit, und es war auch wieder ein Motorboot auf dem Wasser das Tonnen auslegte und Trainingsstarts mit uns machte.
Da das Bootshandling bei uns jetzt immer besser klappte, konnten wir uns mehr auf die Starts und Taktik konzentrieren. Mit den Stromerkenntnissen des Vortages gelangen uns einige gute Starts, und wir konnten sogar eine Trainingswettfahrt gewinnen!
Abends chillten wir wieder im Hostel, analysierten unsere Videoaufzeichnungen und unterhielten uns mit den anderen Seglern.
An unserem trainungs- und regattafreien Tag wollten wir uns Teamkleidung besorgen.
Wir fuhren zum örtlichen Decathlon um dort etwas zu kaufen, dass wir auf dem Wasser über die Schwimmwesten ziehen konnten. Zuerst stöberten wir alle Einzeln durch das riesige Geschäft, und als sich dann jeder mit fehlenden Segelklamotten, -schuhen etc. eingedeckt hatte trafen wir uns vor dem Lycraregal. Nach längeren Diskussionen entschieden wir uns für einfache weiße Lycras als „Teamkleidung“. Wir trafen auch noch einige andere Crews aus unserem Hostel im Decathlon beim Shoppen.
Am Nachmittag gingen wir zur Registration, wo wie massenhaft Werbematerialien für die Stadt und die Region bekamen und auch gewogen wurden, da jedes Team insgesamt nicht mehr als 360 kg wiegen durfte.
Mit einem Besuch im Hallenbad direkt am Hafen ließen wir den Tag ausklingen.
Am Dienstag war der erste Tag der Europameisterschaft. Jedes Team hatte nochmal die Möglichkeit ins festgelegten 2 Stunden-Blöcken auf zugelosten Booten zu trainieren.
Wir bekamen von 12 bis 14 Uhr ein Boot. Aufgrund des stärkeren Windes (5-6 Bft) wurden keine Starts geübt, sodass wir frei um die ausgelegten Tonnen segelten und nochmal an unseren Manövern und den Absprachen feilten.
Nachmittags machten wir einen kleinen Rundgang durch die Stadt, und um 17 Uhr fand die Ziehung der Gruppen und Boote für den ersten Regattatag statt.
Abends gab es dann noch eine offizielle Eröffnung in der Stadthalle, bei der viele wichtige Menschen auf französisch Reden hielten. Die englischen Übersetzungen dazu fielen dabei immer erstaunlich kurz aus. Am Ende gab es noch ein leckere Weinverkostung und Snacks und man konnte sich mit den anderen Regattateilnehmern unterhalten.
Mittwoch, 19.03.
Der erste Tag der Regatta begann mit dem Skippermeeting um 9 Uhr. Aufgrund der Gruppenauslosung des Vortags segelten wir die zwei Wettfahrten vor dem Mittagessen und zwei Wettfahrten nach dem Mittagessen mit. Es hatte 3-4 Windstärken und Sonnenschein, wie schon an den Vortagen.
Insgesamt gingen 32 Teams an den Start, darunter drei Teams aus Plymouth, drei schweizer Teams, eine spanische und eine italienische Crew und wir als einziges deutsches Team.
Da der erste Start in unserer Gruppe ein Massenfrühstart war, gab es einen allgemeinen Rückruf und einen zweiten Startversuch. Im ersten Lauf ersegelten wir den 10. Platz von 16 Booten. Beim Start der zweiten Wettfahrt rollte sich unsere Fock nicht ganz auf, sodass wir von Anfang an hinten lagen. Bei den relativ kurzen Rennen von 25 Minuten hatten wir dann auch keine Chance wieder etwas aufzuholen und wurden in dieser Wettfahrt Vorletzter.
Nach dem Mittagessen bekamen wir ein anderes Boot und es wurde noch einmal zwei Rennen gesegelt. In unserem letzten Rennen an diesem Tag konnten wir einen guten Start und eine saubere Startkreuz fahren, sodass wir an der ersten Luvtonne auf dem fünften Platz lagen. Diesen Platz konnten wir zwar nicht ganz bis ins Ziel halten, mit dem achten Platz waren wir aber trotzdem zufrieden.
Recht erschöpft vom ereignisreichen ersten Regattatag gingen wir früh zu Bett, da wir am Donnerstag wieder in der ersten Startgruppe ab 10 Uhr segeln würden.
Am Donnerstag Morgen wehte es noch mit gut segelbaren 2-4 Windstärken. Gegen Abend sollte es aber noch erheblich mehr Wind (bis zu 30 Knoten!) werden.
Wir segelten nur bei den ersten beiden Läufen des Tages mit. Der erste Start gelang uns nicht ganz so gut, aber durch eine gute zweite Kreuz und den zweiten Vorwindkurs konnten wir wieder bis auf Platz 9 vorfahren.
In der zweiten Wettfahrt wählten wir leider mehrmals die falsche Seite des Kurses, sodass die Winddreher und der Strom scheinbar immer gegen uns standen. So kamen wir nur auf einen enttäuschenden Platz im hinteren Teil des Feldes.
Nachdem wir auf dem Wasser mit unserer Nachfolgercrew tauschten und mit dem Speedboot in den Hafen gebracht worden waren, verbrachten wir den Nachmittag teils im Hostel und teils in der Eventhalle, da es dort einigermaßen schnelles Internet gab.
Am Abend fand der 'International Market' statt. Hierfür waren wir schon vor der Regatta gebeten worden landestypisches Essen und Getränke mitzubringen, um diese dann beim Market zu präsentieren und so den Teilnehmern aus anderen Ländern unsere Kultur ein bisschen näher zu bringen.
Wir hatten Schwarzbrot, Schwarzwälder Schinken, Gummibärchen, Milkaschokolade und natürlich gutes deutsches Bier mitgebracht.
Der Abend verlief wirklich sehr schön, man kam mit anderen Teams ins Gespräch und wir probierten interessante Dinge wie Weinbergschnecken und Hasenfleisch aus Frankreich, Thunfisch in Aprikosenhälften und sehr kräftige Biere von den Belgiern, und Käsefondue von den Schweizern.
Ab Freitag wurde in Gold- und Silverfleet gesegelt. Mit dem 25. Platz in der Gesamtwertung lagen wir in der zweiten Hälfte der Boote und würden von nun an in der Silverfleet starten. Dadurch ergaben sich für uns wieder mehr Chancen vorne mit zu fahren.
Dafür hatten wir den Vormittag frei, da die Boote im Goldfleet zuerst segelten.
Als wir um 14 Uhr das uns zugeloste Boot übernahmen wehte es mit kräftigen 4-5 Windstärken, und der Wind drehte immer wieder ziemlich stark. Es zeigte sich dass wir so langsam in das Bootshandling und die nicht einfachen Wind- und Stromverhältnisse reinkamen, denn wir konnten in beiden Wettfahrten in der ersten Hälfte des Feldes mitsegeln. Und an der Luvtonne waren wir sogar unter den ersten fünf Booten! Dadurch machte das Segeln dann irgendwie auch gleich viel mehr Spaß.
Den Abend verbrachten wir bei guten Gesprächen und noch besseren Getränken in unserem Hostel, um für den folgenden letzten Regattatag einigermaßen fit zu sein.
Samstag, 22.03.
Nach einer wettermäßig schönen, regenfreien Woche regnete es am Samstagmorgen schon beim Frühstück. Der Regen hielt auch an während wir im Hafen die Boote startklar machten, und wechselte sogar kurz zu Hagel. Dieser hörte glücklicherweise schnell wieder auf. Dafür hatte es dann auch kein Wind mehr.
So blieben die Boote erstmal im Hafen, und wir warteten auf Wind. Aufgrund der wechselhaften Wetterlage kam dann aber bald wieder Wind auf, und bis wir im Regattagebiet ankamen war er schon so stark dass ein Genackerverbot für die folgenden Wettfahrten galt.
So segelten wir die letzten beiden Wettfahrten der Europameisterschaft?? ohne Genacker, und kamen dabei beides Mal im Mittelfeld ins Ziel. Gegen 12 Uhr übergaben wir unser Boot an die Goldfleetsegler, die nun ihre letzten Rennen um den Titel segelten.
Wenn man in Cherbourg ist ist es fast schon Pflicht ein wenig Kultur zu machen?. Darum fuhr der eine Teil der Crew zum Cap De la Hague, die Anderen besuchten das Atom-U-Boot-Museum direkt in Cherbourg.
Bei der Siegerehrung wurden wieder viele (französische) Reden gehalten. Die Sieger hatten eine eindrucksvolle Wettfahrtserien mit beinah nur Siegen und einem dritten Platz als Streicher gesegelt. Und wie wir schon vermutet hatten bestand die Crew aus einigen sehr erfahrenen Seglern (unter anderem ein ehemaliger Youth Americas Cup – Taktiker, einer Olympiaseglerin und einem Schifffahrtsoffizier), die an einer Nautischen Uni für Kapitäne studieren, und z.T. doppelt so alt waren wie wir.
Es gab noch einmal ein gemeinsames Abendessen, und dann verteilten sich die Teilnehmercrews der diesjährigen Trophée de l'île Pelée, manche traten den Heimweg schon am Abend an, andere wollten am nächsten Morgen sehr früh losfahren und gingen darum früh zurück zum Hostel um zu packen.
Wir ließen den Tag und die Woche in Cherbourg noch gemütlich in unserem Hotelzimmer ausklingen.
Schon um sieben Uhr morgen traten wir die lange Heimreise an.
Wie schon auf der Hinfahrt hatten wir gewisse Kommunikationsprobleme mit unserem Navi, denn anstatt einen großen Bogen um Paris zu fahren, führte uns die vorgegebene Route direkt durch Paris, vorbei am Triumphbogen, dem Louvre und der Seine. Vermutlich war das die kürzeste Strecke nach Kilometeranzahl, die schnellste Strecke war es sicher nicht... Aber dafür haben wir quasi eine Sightseeingtour durch Paris gemacht.
Am frühen Abend kamen wir dann erschöpft aber zufrieden von der langen, seglerisch doch sehr anspruchsvollen Woche wieder in Karlsruhe an.
Der 26. Platz von 32 Booten ist als Ergebnis zwar eher nicht zufriedenstellend, allerdings herrschte unter den großteils französischen Teams eine wirkliche hohe Leistungsdichte, und wir konnten bei dieser Hochschul-Europameisterschaft sehr viel dazulernen.