Nach einem Trainingswochenende beim LYCC in Prien am Chiemsee ging es bester Stimmung zur ORC Weltmeisterschaft in Trieste. An vier Trainingstagen vor Ort konnten wir unsere Mannöver gut einspielen und uns auf das Schiff einstellen. Dass die Konkurrenz sehr stark werden würde, war vorher klar, nicht ohne Grund heißt es Weltmeisterschaft ;-) Unsere Erwartungen wurden dahin gehend nicht enttäuscht, denn über den vorletzten Platz haben wir es in der Gesamtwertung nicht hinaus geschafft. Unsere Hoffnungen, mit etwas Glück zumindest in der Mitte des letzten Quartils zu laden, wurden leider nicht erfüllt. Dafür hätte es mehr Wind, weniger Black Flags und mehr Erfahrung gebraucht. Letztere haben wir dafür umso mehr sammeln können, im Kampf gegen die Großen! Unsere Lernkurve war bis zum Ende streng monton steigend, was für uns der größte Erfolg war.

Dienstag - Ankunft
Während der Großteil der Gruppe morgens mit dem Stadtmobil die Reise antritt, ist Christian bereits in Italien und macht sich mit dem Bus an die schwerliche Anreise in das abgelegene Kuhkaff, in dem sich die Airbnb-Unterkunft befindet, die mangels Platz und Komfort an Bord kurzerhand gebucht wurde. Während die anderen sich mit Navi fröhlich in den unübersichtlichen und kaum orientierbaren Nachbarorten verfahren, wird das italienische Fernsehprogramm unter die Lupe genommen und in der Wohnung bereits die Räumlichkeiten inspiziert; obwohl für vier Personen ausgelegt, ist doch die Ausstattung ausreichend für acht. Nach der Ankunft macht sich ein kleiner Trupp auf zum ersten Einkauf, der das Notwendigste bereitstellen sollte. Parallel wird gekocht. Um nicht nicht vor der Regatta an Gewicht zuzulegen, gibt es Salat mit Maultaschen, Zwiebeln und Ei. Auf grüne Blätter wird großzügig verzichtet.

Mittwoch
Es geht früh raus, erstmals treffen wir im Hafen Heiko, den Eigner des Boots, das wir gechartert haben, der sich als sehr sympathischen Münchner herausstellt und wegen seiner Erfahrung sehr willkommen ist. Die Latten für das nagelneue Großsegel werden geschnitten, Sachen an Deck abgeklebt und das Rigg begangen.
Nach ein paar Espressi geht es mit altem Groß und G2 bei gutem Wind auf's Wasser. Die Manöver haben noch Luft nach oben und auch der Trimm ist optimierbar, auf der Kante fühlen sich hingegen alle wohl. Mit Blick auf den Wetterbericht und die anstehende Leichtwind-Woche ist der Wind für ein gutes Training allerdings fast zu stark.
Zurück im Hafen zeigt sich, dass die neuen Vorsegel (G1 und G4) leider nicht im Tuffluff (Schiene am Vorstag) halten, da die Nut der Segel einen Hauch zu dünn ist, also wandern sie für ein neues Vorliek zum Segelmacher.
In der Wohnung angekommen, bricht der Himmel über der Stadt zusammen. Der Wind verstärkt das Problem, sodass einige Wassermassen durch Fenster und insbesondere Haustür einfallen. Das Lenzen läuft koordiniert ab und am Morgen sieht alles halb so wild aus.

Boot Marin

Donnerstag
Nach einem kurzen Training machen wir Ordnung in der Wohnung und fahren in die Innenstadt von Trieste. Zu sehr sei auch ein Besuch dieser geschichtsträchtigen, ehemals österreichischen Hafenstadt zu empfehlen. Vom Aquarium starten wir, um an Molo Audace über Piazza Unità und den Kanal in kurzer Zeit viel von den Sehenswürdigkeiten zu sehen. Schnell finden wir uns dann aber doch in einer der vielen kleinen Gassen ein, um bei einem Spritz den Tag ausklingen zu lassen.

Blick Trieste

Freitag
Heute Morgen wird's ernst, die geänderten Segel werden abgeholt, denn es geht zur Vermessung. Wir haben einen frühen Timeslot gewählt, um nicht den ganzen Tag in der Marina warten zu müssen. Bald kommt der erste Prüfer, der sich schon mal die Segel anschaut, während sein Kollege wohl mit dem morgentlichen Kaffee nicht ganz so schnell war. Sie könnten sich alles anschauen, belassen es bezüglich der Sicherheitsausrüstung aber bei einem flüchtigen Blick auf die Rettungswesten, widmen sich hingegen ausgiebig der Position der Batterien am Bord, die sie vermessen und diskutieren. Die Crew macht sich währenddessen auf den Weg zur Anmeldung, wo noch ein paar Formulare auszufüllen sind. Auch checken wir unser Gewicht auf der nun verfügbaren offiziellen Waage, nachdem dieser Punkt uns im Vorfeld einiges Kopfzerbrechen bereitet hat. Unsere selbstgemessenen Werte waren nicht vertrauenswürdig und unsere Diätpläne nicht sehr ambitioniert, weshalb wir am Ende ein recht hohes Crewgewicht gemeldet haben. Nun aber zeigt sich, dass es noch viel nachzuholen galt, wir noch einige Gewichtsreserven aufbauen können, um die dadurch schnellere Verrechnung nicht zu verschenken.
Mit neuen Segeln geht's am Nachmittag noch kurz aufs Wasser, wo kein Wind aufzutreiben ist. Daher kleben wir noch ein bisschen Splinte ab und fahren früh heim, um noch einzukaufen. Der große Einkaufskomplex bereitet uns noch einige Orientierungsschwierigkeiten. Das Linsengericht bekommen wir so nicht zusammen, weshalb dann nochmal ein kleiner Trupp startet, um die fehlenden Zutaten aufzutreiben. Auf dem Rückweg bekommt dieser einen lebhaften Eindruck der Regenfälle in der Region, die ganz plötzlich einsetzen und den Weg zur Ferienwohnung in einen reißenden Strom verwandeln. Nach dem Essen widmen wir uns nochmal den gedrehten Videos um weiteres Optmierungspotenzial/Fehlerquellen zu identifizieren.

Segel Vermessung

Samstag
Der letzte Trainingstag steht an. Inzwischen laufen die Mannöver wesentlich routinierter als am ersten Tag und die Lernkurve bereitet bereits jetzt Freude. Heiko ist begeistert von unserem Einsatz und wir sehnen uns bereits nach den ersten Starts der Wettfahrten. Auch im Hafen wird das anfangs gemächliche Treiben hektischer. Überall liegen Segel, wehen Fahnen und wird an den Rennyachten gebastelt.

Andere Boote

Sonntag
Heute kommen die neuen Segel drauf, um beim Practice-Race zu testen, was die Schüssel kann. Vor Trieste findet sich ein großer Teil der Teilnehmer ein, um nach einem Teststart ein kleines Rennen zu fahren. Schon beim ersten Start zeigt sich, dass wir es in der Klasse C mit einer aggressiven Startgruppe zu tun haben würden. Der Großteil ist bereits 30 Sekunden vor Startschuss über der Linie. Auch der zweite Start ist verfrüht, doch belässt es die Regattaleitung bei einer Verwarnung und kündigt härteres Durchgreifen bei den anstehenden Rennen an – was jedoch wenig Wirkung zeigen soll, wie sich später herausstellt.

Bowman

Montag
Es geht auf Langstrecke! Wir haben uns mental (auf wenig Schlaf auf der Kante) und essenstechnisch (mit reichlich Snacks und Fertigterrinen, die dann doch für zu ausufernd befunden und teilweise wieder an Land gebracht wurde) gründlich darauf vorbereitet … und dann kommt doch alles anders.

Der Start um 1400 direkt vor der Mole Triests mit 48 anderen Booten unserer Klasse war "in Ordnung", wir sind guter Dinge – bis der Wind wenige Zeit später einschläft und wir nur noch rumdümpeln. Unser erstes Ziel, die Boje La Paloma, die wir zweimal runden sollen, liegt mitten in der Bucht, umgeben von einem riesigen Luftloch – das kann ja spaßig werden. Neue Kompetenzen sind gefragt: wie beim Topfschlagen, wer findet noch ein kleines Windfeld. Irgendwie schaffen wir es dann doch, als wieder eine leichte Brise einsetzt. Wir freuen uns abends auf eine warme Mahlzeit. Philipp, der auch an Land in unserer Küche zaubert, macht sich ans Werk. Nach einiger Zeit kommt er wieder hoch, irgendwie nicht ganz entschlossen. Er verkündet, dass es zu essen gibt, wohl aber nicht ganz warm. Bei aller Vorbereitung und Zuversicht hatte sich die Gaskartusche schneller verabschiedet als erwartet. Heiko, der vorher nur mal einen Kaffee darauf gekocht hat, kann es sich absolut nicht erklären. Kein Gas -> kein heißes Wasser -> kein warmes Essen. Er verspricht uns ein Bier, sobald wir wieder an Land seien, was die Stimmung ein wenig aufheitert, sind schließlich noch ausreichend Snacks an Bord.
Eindrucksvoll sind die nahen Passagen an und vor großen Frachtern und Tankern in Fahrt, die wir irgendwie entspannter nehmen als manche Locals. Wenig angenehm macht die Nachtfahrt die gekrümmte Haltung in Lee, die notwendig ist, um unseren Gewichtstrimm aufrecht zu erhalten, und so schlafen einige mehr, andere weniger mit Rückenschmerzen auch mal ein.

Sonne Spi

Dienstag, der Zweite
Und wir befinden uns immer noch auf der Langstrecke. In den frühen Morgenstunden passieren wir das Gate vor Piran, Slowenien, welches die erste Zwischenwertung des Rennens gibt. Direkt weiter geht es Richtung Rovinj an der kroatische Küste, vor der wir eine Insel runden müssen. Für einige Stunden gibt es eine verhältnismäßig "steife Brise" mit über 20 Knoten Wind. Spi und Großsegel bringen uns fix voran. Mit Sonnenaufgang lässt der Wind wieder nach und dreht zurück, so dass wir beginnen zu kreuzen. Nachdem wir unsere Position in der ersten Nachthälfte halbwegs verteidigen konnten, ziehen uns jetzt fast alle Boote auf Vorwindkursen davon. Auch Heiko stellt das vor ein Rätsel, ist doch unser Trimm und Steuern gar nicht soo schlecht.
Die Manöver sind inzwischen eingespielt: Auf Zuruf wechselt Lukasz auf der Couch den Bug; Stefan macht da nicht mehr mit und hat sich mittig über den Ruderkasten gehängt.
Auch von der Landschaft bekommen wir einiges zu sehen, leider immer mit dem bitteren Beigeschmack, ziemlich am Ende der Flotte zu sein. Es stellt sich heraus, dass die Landnähe vorteilhafte Windverhältnisse bringt – was zwar unsere Taktik bestätigt, das Ergebnis jedoch nicht. Nach dem Rennen freuen sich alle auf Dusche und Bett.

Slowenien

Mittwoch, der Zweite
Neue Rennen, neues Glück. Vor dem Castello di Miramare beginnen heute die Inshore-Races. Frisch und ausgeschlafen geht es unter Motor ins Regattagebiet. Während die Klasse A direkt mit nur einem Start ins Rennen geht, gibt es bei uns die ersten Startabbrüche für Bahnänderungen oder General-Recalls. Wir kommen bei beiden Rennen sauber über die Linie und segeln motiviert die Kurse auf und ab. Beim zweiten Zieleinlauf scheint uns Rasmus jedoch wenig gesonnen: Der Wind nimmt ab und nur zwei Minuten vor Zieldurchlauf läuft das Zeitlimit ab, da die schnelle Melges 32 hohe Maßstäbe vorlegt. Dass 30 Minuten bei wenig Wind zu ambitioniert für unser großes Startfeld sind, stellt auch die Regattaleitung fest und erhöht das Limit für die weiteren Rennen auf 40 Minuten.

Sonne Horizont

Donnerstag, der Zweite
Der Wind ist in den Tagen so schwach, dass die Rennen erst um 1300 starten, um die aufkommende Thermik zu nutzen. Die nervösen Starts führen zu fünf Black Flag-Ausschlüssen. Auch unsere persönlichen Rennen werden gewagter. In einem Fall kommt es zum Kontakt mit Österreichern, die an der Tonne aus Angst vor einer passierenden TP52 zu stark abfallen und dann auf uns liegen. Die Situation verläuft aber glimpflig.

Beim Baden nach dem Rennen aber können wir uns gut erholen und die Zeit zum folgenden Crewdinner vertreiben. Statt dem üblichen Freibier (das es wohl nur anfangs gab, wir uns aber auf ein Gewohnheitsrecht berufend weiterhin eintreiben konnten) gibt es wie bei der Eröffnung Parmesan und Schnittchen, außerdem reichlich Prosecco für alle. Das Essen, Nudeln und Risotto, sind allerdings etwas lieblos angerichtet.

Freitag, der Zweite
Wieder geht's entspannt zum Start nach ausgiebigem Frühstück, auch dank der frühen Einkaufsbereitschaft von Philipp und Heiko. Diesmal ohne Riggcheck erstmals im slowenischen Startgebiet, in dem zuvor Klasse B gefahren ist. Nach einigem Rumdümpeln und einigen Tricks lokaler Segler (Rückwärtsfahren mit Spi) wird nach Norden verschoben, wo immer mehr Wind aufkommt, was bei uns zur Entscheidung führt, mit G3 zu starten. Beim vierten Start mit Black Flag (sechs scheiden aus) und abgebrochenen Rennen wegen Winddrehern, stellt sich dies als folgenschwere Fehlentscheidung heraus (am Schluss sind wir bei fünf Knoten Wind deutlich unterpowert).

Samstag, der Zweite
Am letzten Tag starten wir offiziell wieder schon um 1100, um nochmal so viele Rennen wie möglich zu fahren.
Außer wenigen Ausländern aber ist zunächst niemand im Renngebiet, obwohl keine andere Meldung umging, bald Wind aufkommt und Bojen gelegt sind. Die restliche Flotte kommt erst spät rausgeheizt. Wir sind inzwischen gut eingespielt und die Mannöver laufen. Auch bei den Starts sind wir ambitioniert und mutig. Zum vierten Start (wohl gemerkt noch für das erste Rennen) wird auch mal die Black Flag gesetzt. Wir, inzwischen zu mutig, gehen zu früh über die Linie, was uns mit 15 weiteren Schiffen zum Warten verdammt, während die anderen die Strecke abfahren. Die Punkte hätten wir gut gebrauchen können, aber deshalb in der zweiten Reihe starten … ?
Andere Schiffe versuchen den letzten Start zu verhindern; so funken sie hartnäckig, dass es keinen Wind gebe, und als das nicht funktioniert, versuchen sie auf eine angeblich drohende Gefahr durch Frachtschiffe in der Nähe hinzuweisen. Beim zweiten Rennen sind wir dann wieder dabei. Es läuft nicht schlecht, bis der Wind langsam einschläft. Die Rennleitung verpasst das offensichtlich, und so läuft uns in diesem allerletzten Rennen des ORC Cups zum zweiten Mal das durch das schnellste Boot gesetzte Zeitlimit aus und schimpfen fleißig :)
Daraufhin mehren sich Stimmen, die bereits am gleichen Abend abreisen zu wollen. Wir beruhigen uns aber wieder und verwerfen diesen Plan zugunsten eines letzten gemeinsamen Essens in Muggia, nach dem wir uns auch von Heiko verabschieden, der uns in dieser ganzen Zeit ein guter Lehrer war. Wir haben zu acht gut harmoniert.

Am Abend

Sonntag, der Zweite
Ambitioniert wie unser Segeln ist auch der Start in unseren Abreisetag – um 0600 geht es aus den Feder und ruckzuck sind wir zurück in Deutschland, um ab Rosenheim noch fleißig Staus auf der A8 zu sammeln.

Datum: 27.06.17 - 09.07.17
Revier: Adria
Skipper: Oliver
Boot: Jeanneau One Design 35
Crewstärke: 8
Studentische Teilnehmer: 5
Starthafen: Porto San Rocco, Muggia
Zurückgelegte Seemeilen: 328
Typ: Up & Down
Beste ASK-Platzierung: 49 von 50 (ORC, Class C)
Klasse: Top-Event
Projektleiter: Markus
Bericht: Christian