Wann: | 14.05. - 29.05.2010 |
Strecke: | Stralsund - Fehmarn - NOK - Hamburg - Helgoland - Skagen - Kieler Leuchtturm - Stralsund |
Junge Crew, unbekannte Yacht und Deutschlands härteste Hochseeregatta sorgten für große Herausforderungen und spannende Erlebnisse während der insgesamt 1.271 Seemeilen.
Mit einer Salona 42race aus Stralsund ging die fast ausschließlich studentische Crew dieses Jahr an den Start. Schon auf der Hinüberführung zeigte sich die Ostsee von ihrer ungemütlichen Seite. Erfreulicherweise besserte sich das Wetter und so konnten wir zwei perfekte Trainingstage auf der Elbe verbringen und das Boot mit Gennaker besser kennenlernen. Das Program der NSW bestand für uns aus der Elbregatta von Wedel nach Cuxhaven und der Early Bird Serie, bei der die Zubringerregatta nach Helgoland am Abend vorher zurückgelegt und zwei zusätzliche Up&Downs auf Helgoland gesegelt werden. Die Regatta Rund Helgoland fiel dieses Jahr leider wegen dichtem Nebel aus. Danach starteten wir zur Langstrecke, die dieses Jahr wettertechnisch zur Herausforderung wurde. Von den zwei Dritteln der Teilnehmer, die an den Start gingen, kamen nur gut die Hälfte in Kiel an, eines der größeren Schiffe geriet sogar in Seenot. Wir kämpften uns jedoch um Dänemark herum und erreichten nach 3 Tagen und 16 Stunden das Ziel, den Kieler Leuchtturm.
Gelernt, dass Rund Skagen nix für Weicheier oder Draufgänger ist, haben:
Felix Zahn (Skipper)
Bernd Hoferer (WF Stb)
Carolin Sorg (WF Bb)
Tiemo Bückmann (stv. WF Stb)
Jürgen Lehnert (stv. WF BB)
Robert Gerke
Peter Krasselt
Paul Vöhringer
L. Christian Wolf
Zum ersten Mal nahmen wir mit einer schnellen Salona 42 race (3 Cab) an der Regatta teil:
Kojen |
8 (10) |
Länge |
12,80 m |
Breite |
3,82 m |
Tiefgang |
2,00 m |
Segel |
Groß, G3, Gennacker (Regattasegel) |
Motor |
40 PS Volvo |
Baujahr |
2007 |
Freitag 14.05.
Dieses Mal liegt unser Boot, eine Salona 42 race, in Stralsund und wartet dort auf zwei spannende Wochen mit uns. Da der Vercharterer uns die Option offen gelassen hat die Levanat am Ende der Charterfrist auch in Warnemünde zurückzugeben, suchen wir uns zunächst dort einen Parkplatz auf dem man ein Fahrzeug zwei Wochen lang ununterbrochen stehen lassen kann. Wie sich herausstellt, ist das in Warnemünde gar nicht so einfach. Schließlich haben wir auch durch die Hilfe freundlicher Einheimischer einen bewachten Parkplatz mit nettem Personal gefunden. Nachdem wir ein Fahrzeug dort abgestellt hatten, geht die Fahrt mit fast kompletter Crew (Jürgen fehlt noch) weiter nach Stralsund und an Bord unserer Boot. Den Rest des Nachmittags nutzen wir, um uns einzurichten und Proviant zu bunkern.
Samstag 15.05.
An diesem Morgen erfolgt die offizielle Übernahme der Levanat und danach stachen wir in See mit Kurs auf Kiel. Windstärken bis 7 Bft schaukeln uns ordentlich durch und Teile der Crew opfern Rasmus unfreiwillig den zu sich genommenen Proviant. Im Nachhinein stellt sich diese harte Überfahrt aber als praktische Vorbereitung auf die bevorstehende Langstrecke Rund Skagen heraus – ein bischen Gutes ist dem also auch abzugewinnen.
Sonntag 16.05.
Nach einer anstrengenden und ereignisreichen Nacht mit dezimierter Crew an Deck und starkem Wind aus Westen wird umdisponiert und die Entscheidung gefällt, nicht mehr nach Kiel zu fahren, sondern Burgtiefe auf Fehmarn anzulaufen. Die Crew ist stark von der vergangenen Nacht gezeichnet und kann ein paar Stunden Erholung schon jetzt gut gebrauchen. Nachdem er uns in Kiel vergeblich gesucht hat, kommt am Nachmittag auch der letzte Mitsegler an Bord - Jürgen hat zu Hause noch fieberhaft seine Diplomarbeit zum Abschluss gebracht!
Montag 17.05.
Nachdem wir nun komplett sind, können wir Rasmus um eine schöne Regatta bitten und setzten danach unsere Fahrt nach Kiel und den Nord-Ostsee-Kanal fort. Der Wind hat deutlich nachgelassen und das Wetter ist wunderbar. So können wir in Ruhe in der Sonne sitzen und die Kieler Bucht durchqueren. Am Eingang der Kieler Förde setzen wir für ein paar Meilen auch unser 'kleines Schwarzes', den Gennaker.
Nach der Schleusung in Holtneau bleibt im NOK dann genug Zeit für eine genauere Erkundung des Bootes. ASK Wimpel an die Saling, die Regatta-Genua aufgezogen, kleinere Reparaturen an und unter Deck – die Zeit vergeht im Flug. Parallel dazu werden unter Deck in mühevoller Handarbeit (und mit einer Dose Bockwürste) die legendären NOK-Nudeln zubereitet. Kurz nach Sonnenuntergang machen wir in Rendsburg für die Nacht fest.
Dienstag 18.05.
Wir haben viel vor, wollen noch bis Hamburg, daher schmeißen wir 05:30 Uhr die Leinen los. Aber was ist das? Drei rote Lichter? Ein Tanker der Verkehrsklasse 5 ist im anmarsch, also dürfen wir unsere Fahrt erst um 06:30 Uhr fortsetzen. Wenigstens kann nun, im Weichengebiet treibend, in aller Ruhe gefrühstückt werden, bis die Vanessa Oldendorf auf ihrem Weg in die Ostsee vorbei ist.
Nach dem Ausschleusen in Brunsbüttel können wir auch wieder die Segel setzen. Mit frischem achterlichen Wind und mitlaufendem Strom düsen wir die Elbe rauf und legen abends im hamburger City-Sportboofhafen an. Dort erwartet uns nach einer erfrischenden Dusche und der abendlichen DP07-Aussendung das erste Essen der Reise in einem Restaurant und die vorsichtige und zurückhaltende Erkundung der Stadt. St. Pauli kann kommen!
Mittwoch 19.05.
Bereits um halb sechs wird das erste mal gefrühstückt. Frisch zubereitete Frikadellen versüßen uns den Start in den Tag. Dann wird erstmal ein wenig geschlafen...
Der restliche Tag wurde zur intensiven Regattavorbereitung in Form eines ruhigeren "Erholungstages" genutzt. Ein wenig länger schlafen, in Ruhe Frühstücken. Proviant bunkern. Da sich gezeigt hat, wie schnell so einige Kilo von hungrigen Seglern verputzt werden, vor allem Hackfleisch und Snickers. Am Nachmittag legen wir ab, leider haben wir den Strom, der uns tagszuvor so unterstützt hat, nun gegenan, sodass wir Wedel erst am frühen Abend erreichen.
Donnerstag 20.05.
Heute trainieren wir ernsthaft und intensiv unsere Regattamanöver. Up-Wind mit schnellen Wenden, Gennaker setzen, den schnellsten Kurs vor dem Wind finden – das zweite Mal dann auch mit richtig rum gesetzten Segeln... – Halsen, Gennaker bergen und dann alles von vorn. Wir gewinnen erste Eindrücke von unseren Konkurrenten, unter Anderem auch die Crew der Aachener Uni, die auch ihre Handgriffe einspielen. Heute machen wir ein wenig früher fest, um noch ein wenig am Boot zu werkeln und z.B. den Anker sicher und möglichst tief zu verstauen. Ausräumen können wir nicht, auf der kommenden Langstrecke brauchen wir die Ausrüstung.
Am Abend werden die Teilnehmer der Nordseewoche begrüßt und es gibt Gegrilltes, von Audi gesponsort.
Freitag 21.05.
Heute wird es ernst! Start der Elbregatta von Wedel nach Cuxhaven um 08:50 Uhr direkt vor der Hafeneinfahrt Wedel. Der Wind weht unverändert aus Nordwest und so kreuzen wir die Elbe runter bis zum Ziel. Zuerst setzt die Tidenströmung gegen uns und das Feld kämpft sich dicht unter Land an den Buhnenköpfen vorbei. Genauestens beobachten wir FüG und FdW, um den richtigen Zeitpunkt zu erwischen hinaus ins Fahrwasser zu segeln und den nun hoffentlich mitlaufenden Strom auszunutzen. Gleichzeitig müssen wir nun aber auch auf die im Fahrwasser fahrende Großschiffahrt achten. Mit dem letzten bischen Ebbstrom erreichen wir schließlich die Alte Liebe in Cuxhaven und beenden die Regatta auf dem 5. Platz.
Die paar Stunden in Cuxhaven werden genutzt, um leckere Hamburger zu verzehren, während um uns herum geschäftiges Treiben herrscht. Auf der aushängenden Starterliste müssen wir leider feststellen, dass für die Early Bird Serie, die Zubringerregatta nach Helgoland und zwei Up&Downs am nächsten Tag, außer uns nur noch ein Konkurrent mit in unserer Gruppe ist. Nach gut drei Stunden geht es dann wieder los – die Sundowner Regatta startet um 19:20 Uhr. Leider erleben wir dieses Jahr keinen so schönen Sonnenuntergang wie 2009 mit der Silhouette von Helgoland. Dafür weist uns nach Einbruch der Dunkelheit das Leuchtfeuer zuverlässig den Weg, die Vorfreude auf den Düsseldorfer Abend mit Freibier auf der Insel spornt uns an.
Samstag 22.05. (früh morgens)
Gegen halb Zwei in der Nacht machen wir nach einer etwas chaotischen Zieldurchfahrt – Segelnummern erkennt man im Dunkeln halt nicht so gut - im Südhafen auf Helgoland fest. Freundlicherweise können wir den Schlüssel für unser Appartement jetzt schon in Empfang nehmen und setzen uns dann noch kurz im Empfangszelt in ruhiger Runde zusammen. Es gibt Altbier und, da die Gläser auch entsprechend klein sind, holen wir eine Runde nach der anderen. Ein gemütlicher Ausklang dieses langen und anstrengenden Tages.
Samstag 22.05. (tagsüber)
Gut, dass wir ausschlafen können, denn erst am Mittag starten die Hummerregatten. Das sind die zwei Up&Down Kurse für die, die wie wir es nicht erwarten können. Leider sind wir immer noch nur zu zweit in unserer Gruppe. Die anderen Boot haben sich wohl entschieden, einen auf gemütlich zu machen und erst heute zum roten Felsen zu kommen. Auf den kurzen Kursen können wir aber unsere Manöver im Regattamodus testen und den anderen Booten zum ersten Mal unseren tiefschwarzen Gennaker präsentieren. Die andere Yacht in unserer Gruppe hat einen viel besseren Rennwert und segelt uns davon, leider kann daran aber auch die Verrechnung nichts ändern.
Beim zweiten Lauf kommt sehr rasch dichter Nebel auf, sodass sich das Rennen sichttechnisch als durchaus herausfordernd darstellt. Hierbei ereignet sich auch unser erstes verpatztes Manöver zum Gennackersetzen, bei dem unser ‘kleines Schwarzes’ leider ein wenig feucht wird, sich aber ‘hauteng’ an der Bordwand klebend auch als durchaus attraktiv dargestellt zu haben schien. Zumindest sind ziemlich schnell Zuschauerboote der Regattaleitung zugegen und tauchen wie aus dem nichts aus dem Nebel auf.
Nachdem wir in dichten Nebelschwaden schlussendlich die verbleibenden Bahnmarken gefunden haben, kommt kurzzeitig ein Plan zur Sprache, nach dem wir die Nordseehalle am Abend unsicher machen wollen... Dazu kommt es aber nicht. Es gibt anscheinend noch einiges an Schlaf von letzter Nacht nachzuholen und so wurde es nach dem Essen im Appartment nicht mehr allzu spät, als die gesamte Crew vor dem Fernseher einschläft – und das trotz des Championsleague-Finales.
Sonntag 23.05.
Heute sind wir wieder (selbstverständlich wie immer) höchst motiviert, der Nebel hat sich allerdings noch nicht verzogen. In aller Ruhe also frühstücken, das Boot klar machen und schwupps von den Nachbarn im Päckchen losgeworfen werden – was kann man sich schöneres an einem Nordseewochenmorgen auf Helgoland vorstellen? Manche können es anscheinend nicht erwarten, in die Suppe hinaus zu fahren.
Da wir eh schonmal los sind segeln wir auch mal ein wenig in den Nebel hinein, grob in die Richtung unseres Startschiffes obwohl wir noch massig Zeit haben. Als es dann recht bald über Funk heißt, dass der Start nicht erfolgt und die Teilnehmer am Mittag neue Informationen erhalten würden, stellen wir uns langsam schon auf einen Lay Day ein, dessen Vorzüge uns Peter aus eigener Erfahrung von der Antigua Sailing Week vor wenigen Wochen schon gleich darlegen kann. Wie fast zu erwarten, heißt es am Mittag: Alles abgeblasen, einzig die IDM-Teilnehmer starten vielleicht noch.
Wir haben ohnehin schon wieder angelegt und uns auf den Rundweg einmal um Helgoland begeben. "Rund Helgoland" auf eine ganz spezielle ASK-Weise. Ohne Gebrüll am Start, ohne Hektik an Deck, ohne Kälte und Nässe. Einzig der Nebel ist ein wenig frisch und das Bier ist kühl. Die lange Anna ist im Nebel nur zu erahnen, dennoch kann man einiges von der Insel sehen und dank hier und das aufgestellter Infotafeln auch einiges lernen. Der kulturelle Aspekt kommt diesmal also auch nicht zu kurz.
An diesem Abend war die Nordseehalle dann nach einem sehr leckeren Essen in dem Restaurant, in das wir jedes Jahr gehen, aber immer noch nicht wissen wie es heißt (es gab wieder Fisch und Knieper) und einem berüchtigten Eiergrog nicht mehr sicher vor uns.
Montag 24.05.
Heute ist der große Tag, Start der Regatta Rund Skagen! Am Vormittag haben wir Zeit uns und das Boot vorzubereiten. Die Appartmentküche wird ein letztes Mal zur Zubereitung reisetauglichen Essens in Anspruch genommen. Nachdem Fleischküchle und Kartoffelsalat fertig und transportbereit sind, räumen wir die Ferienwohnung leer und beladen das Boot. Alles seefest machen und noch einmal im Segelladen am Hafen günstige Windstopperjacken kaufen, Handschuhe, warme Socken. Meeno Schrader, der bisher für alle Regattatage gute Wettervorhersagen erstellt hat, hat schlechte Nachrichten für uns Teilnehmer. Es ist ein Sturmtief im Anmarsch und das wird morgen für starken Wind und Seegang aus Nordwestlicher Richtung sorgen, also genau zu der Zeit, zu der wir da oben rum wollen. Das kann ja was werden!
Sobald alles bereit ist, Wasser gebunkert und alle an Bord, führen wir der Regattaleitung noch unsere Sturmbesegelung vor. Das ist bei Regatten dieser Kategorie Pflicht, genauso wie dass die Yacht und deren Ausrüstung mindestens dem umfangreichen SOLAS Sicherheitsrichtlinien entsprechen muss. Am frühen Abend fällt dann der Startschuss zur Pantaenius Rund Skagen. Die langsamen Klassen starten zuerst, wir sind in der dritten Startgruppe und starten um 18:20 Uhr. Bei schönstem Wetter und 4 bft kreuzt das Feld zwischen den zwei Inseln, langsam kommen die noch schnelleren Yachten auf. Nichts lässt auf das nahende Unheil schließen. Nach der ersten richtigen Mahlzeit auf See, die erwähnten Fleischküchle mit Kartoffelsalat, beginnt zum ersten Mal ernsthaft unser Wachsystem.
In der Nacht nimmt der Wind stetig zu, zum Wachwechsel um Mitternacht binden wir das 1. Reff ins Großsegel.Auch die Wellen werden langsam größer, das Boot lässt sich davon jedoch gar nicht beeindrucken und schneidet sich butterweich den Weg durch die Wellenkämme. Hoch am Wind halten wir mit guter Geschwindigkeit Kurs auf die Westliche Gefahrentonne von Horns Rev.
Dienstag 25.05.
Mit dem ersten Tageslicht kommt auch der Wind. Mit der frischen Wache um 04:00 Uhr gehen wir ins 2. Reff. Der Wind hat mittlerweile gute 7 bft, genau wissen wir das nicht, da unsere Windex keine Signale mehr sendet. Der Versuch die Genua etwas einzurollen scheitert an der Rollanlage. Bei dieser Belastung dreht sich da gar nichts mehr. Also bleibt uns nur eins: Das Segel muss komplett runter und da wir keine kleineren Segel außer der Sturmfock dabei haben, muss der rote Fetzen halt ausreichen. Kurze Zeit später sind wir allerdings sehr froh darum, als der Wind weiter auf ungemütliche 8 bft auffrischt. Die Wellen erreichen nun auch eine beträchtliche Höhe, bestimmt 4 Meter. Auch die Gefahrentonne können wir aufgrund eines kleinen Winddrehers nicht ganz anliegen und müssen deshalb noch einen Hohleschlag machen. Zumindest scheint zum ersten Mal auf dieser Reise die Sonne richtig kräftig und nichtsdestotrotz segelt sich die Levanat immernoch sehr ausgewogen.
Gerade als so etwas wie Ruhe eingekehrt ist knackt es plötzlich aus der Funke: “MAYDAY, MAYDAY, MAYDAY...” Die Sinfonie Sylt, eine 70 ft Yacht, meldet Wassereinbruch, Lingby Radio koordiniert. Das ganze spielt sich gut 40 sm Nördlich von uns ab, bis wir aber das Gebiet erreichen, hat sich die Situation schon geklärt, die Crew wurde abgeborgen, das Boot in einen nahen dänischen Hafen geschleppt. Einen Eindruck des Zwischenfalls vermittelt dieses von der Yacht Norddeutsche Vermögen Hamburg aufgenommene Video:
www.yacht.de/yo/yo_news/powerslave,id,9356,nodeid,294.html
Nach dem Passieren von Horns Rev können wir einen kleinen Schrick in die Schoten geben und bolzen auf geradem Kurs mit genügend Abstand die dänische Küste hoch. Der Wind erreicht ab Mittag in Böen bis zu 9 bft, die Wellen sind beeindruckend, wir wollen gar nicht wissen, wie die sich aufbauen würden, wären wir dichter unter Land. Hier zahlt sich aus, dass wir an unserem ersten Tag auf der Ostsee so gelitten haben. Kein einziger wird ernsthaft seekrank, allmählich gewöhnen sich Alle an das Auf und Ab der Wellen. Von den Frikadellen und Kartoffelsalat des Vorabends gibt es immernoch reichlich – einGlück, da an Kochen bei der vielen Bewegung im Schiff nicht zu denken ist.
Am Nachmittag fallen dann die uns verbliebenen Anzeige der Logge und des Echolots aus, wir vermuten Feuchtigkeit in den Datenleitungen, sodass wir nun, zumindest an Deck, keine elektronischen Daten haben. Solange aber beide GPS-Geräte funktionieren, brauchen wir uns keine ernsten Sorgen zu machen und segeln zuversichtlich in die Nacht. Kurz vor Mitternacht haben wir die Jamerbucht fast erreicht und können weiter abfallen.
Mittwoch 26.05.
Dies sollte endlich der erste etwas ruhigere Tag während der Regatta auf See werden. Kurz vor Sonnenaufgang geht dem Wind langsam aber sicher die Puste aus. Zeit zum Durchatmen. Am späten Vormittag setzen wir wieder unsere reguläre Genua und können ausreffen. Kurze Zeit später kommt auch der Gennaker endlich wieder zum Einsatz. Unter Vollzeug passieren wir die Kardinaltonne "Nord" vor Skagen um 14:45 Uhr mit edlem Tropfen und guter Laune. Nun können wir Kurs nach Süden abstecken und erste grobe Schätzungen lassen uns Spekulieren, bereits am Folgetag zum Abendessen in Kiel sein zu können. Leider machen wir diese Rechnung ohne Rasmus.
Weiteres Ereignis an Bord: Es wird wieder gekocht. Leckeres Chili Con Carne, unsere erste komplexere auf See zubereitete Mahlzeit. Das ist auch gut so, da die letzte Frikadelle kurz hinter der Tonne aufgegessen wurde. Auf dem Weg nach Kiel schwächt der Wind gemächlich ab und wir segeln in eine ruhige Nacht.
Donnerstag 27.05.
Bereits im Verlauf des Vormittages stellt sich heraus, dass unsere optimistischen Erwartungen von Gestern nicht einzuhalten sind. Der Wind hat deutlich abgenommen, kommt nun aus nördlichen Richtungen und wir dümpeln mit achterlichem Wind mehr oder weniger langsam der dänischen Südsee engegen. Für diesen langen Vorwind-Kurs wäre ein Spinnaker sicherlich viel besser gewesen. So sind wir gezwungen mit dem Gennaker vor dem Wind zu kreuzen und müssen dadurch viel zu viel Strecke zurücklegen. Unter der Großen Belt Brücke liefern wir uns ein aufregendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem schweizer Team auf der sea magiX. Ach ja, beim Passieren der Brücke genehmigen wir uns noch einen kleinen Schluck aus der großen Skagen-Sektflasche. Den Skagen-Rum vom Sponsor Pantaenius wollen wir uns fürs Nachtreffen aufheben.
Bis zur Insel Omö können wir unsere Führung behaupten, aber unsere Nachbarn holen ständig auf. Dort schläft der Wind endgültig ein. Mit Müh und Not retten wir uns mit dem letzten Hauch ins flache Wasser östlich von Langeland. Die Flaute, in der wir stecken, als wir an diesem Abend am Nordende von Langeland treiben, war Basis für wilde Spekulationen und ließ uns den Anker schonmal vorbereiten. Die Konkurrenz hat, der Lichterführung nach zu urteilen, bereits den Anker geworfen, nachdem sie uns zuvor noch mit einem Leichtwindspi versegelt hat. Ein Blick auf die neben uns langsam vorauswandernde Tonne macht Alles klar und der Anker ist trotz ziemlich tiefem Wasser fast schon auf dem Weg zum Vorschiff, da stehen die Segel auf einmal wieder ein klein wenig stabiler und vor allem in einer definierten Richtung. Ein leichter Landwind kommt auf. Die Devise: Ruhe im Schiff, keiner bewegt sich! Und wenn doch, dann wird lautlos über Deck geschlichen. Ganz langsam nehmen wir wieder Fahrt auf. Noch eine Stunde Wache mit ein wenig Wind steigert unsere Motivation und wir gehen auf "Schleichfahrt". Die Schweizer immer im Blick, hat uns das Regattafieber voll im Griff. Das Ankerlicht leuchtet noch. Wir versuchten mit verschiedensten Trimmmaßnahmen den letzten Rest Geschwindigkeit aus unserem Rigg herauszulocken...
Das fremde Ankerlicht leuchtet noch. Kurz vor Wachwechsel verlieren wir sie dann auch aus den Augen, waren aber ganz sicher mit etwa 1 kn Fahrt an ihnen vorbeigezogen. Erfolgserlebnisse gibt es auch bei fast keinem Wind. Während wir an Langeland nach Süden entlangfahren, frischt der Wind – jetzt aus Südost kommend – weiter auf und man kann wieder richtig "segeln".
Freitag, 28.05.
In den frühen Morgenstunden dreht der Wind unbeständig aus südlichen Richtungen hin und her. Nach einem rasanten Gennakerschlag an der Südspitze Langelands, bei der uns der plötzlich immer stärker werdende Wind immer weiter auf die Nase dreht, schläft er, pünktlich zum einsetztenden Nieselregen wieder ein. Zudem kommt das Bischen direkt vom Leuchtturm Kiel. Nachdem wir entschieden haben, dass uns 180° eher zum Ziel bringen als 270°, laufen wir direkt Südkurs. Relativ schnell stellt sich unsere Entscheidung als goldrichtig heraus, denn wir merken, dass wir mit der Zeit immer weiter Richtung Westen korrigieren können. 185° 190°, nur stärker wird der Wind nicht. Sehr gemütlich kommen wir näher ran. Nach einigen wohlkalkulierten Wenden können wir endlich um 10:41 Uhr die Ziellinie in Peilung 270° von Kiel Leuchtturm passieren.
Ein paar Minuten Pause gönnen wir uns und genießen die letzten Sekttropfen. Das Zeug perlt noch, der eindeutige Beweis dafür, dass es seit der Skagen-Tonne viel zu wenig geschaukelt hat! Viel Zeit bleibt uns jedoch nicht. Morgen um diese Zeit wollen wir in Stralsund im Auto sitzen. Also Motor an und Kurs Ost. Die Levanat will heim nach Stralsund, die letzte Etappe unserer Reise hat begonnen. Es folgen einige Stunden unter Motor, da der Wind immer noch nicht so wirklich Lust hat. Fehmarn lassen wir an Steuerbord und bald erreichten wir die Windparks südlich von Lolland. Der Wind frischt nun endlich wieder etwas auf, so dass wir noch einmal unser Tuch zeigen können und entgegen der Meinung des ein oder anderen ungläubigen Crewmitglieds doch wirklich schneller unter Segeln laufen als unter Motor. Das Abendessen nehmen wir also ohne Maschinenlärm ein. Erfreulicherweise funktionieren seit einigen Stunden auch wieder unsere Anzeigen an Deck und das ganz ohne unser Zutun. Vorbei am Verkehrstrennungsgebiet in der Kadettrinne und wieder weiter nach Osten. Bei dem prächtigen Sonnenuntergang und herrlichen Segelwind können wir kaum glauben, wie beschwerlich unsere Reise vor knapp zwei Wochen hier begonnen hat. Doch Rasmus hat noch eine Lektion für uns...
Um auf dem direktesten Weg zu bleiben, wollen wir das Verkehrstrennungsgebiet in der Kadettrinne wie schon auf der Hinüberführung nördlich passiern. Nachdem wir Gedser querab haben, nimmt ganz allmählich der Wind weiter zu. Uns freut das, da er aus Westen kommt und uns zügig anschiebt, auch ohne Gennaker. Je weiter uns von der Küste, der dänsichen Insel Lolland, entfernen, desto größer werden die Wellen. Das führt dazu, dass unsere Levant mit dem Wind, der jetzt wieder 6-7 bft erreicht hat, und vollen Segeln ordentliche Surfs hinlegt. Solche Geschwindigkeiten haben wir die ganzen zwei Wochen noch nicht erlebt. Leider sind wir zwar momentan schnell, fahren aber nicht ganz in die richtige Richtung. Irgendwann müssen wir halsen, damit wir nicht bis nach Schweden weiterdüsen. Wir entschließen uns doch lieber eine Q-Wende zu fahren, bekommen aber während dem Manöver die ganze Kraft des Windes zu spüren. In der Kajüte fliegt alles kreuz und quer – dabei hatten wir doch heute eben erst geputzt! Deswegen, und auch weil wir sonst noch mitten in der Nacht ankommen, binden wir zusammen mit Teilen der Feiwache das 2. Reff ins Großsegel und setzen wieder unsere kleine Fock, die uns auch schon Tage zuvor treue Dienste geleistet hat.
Samstag, 29.05.
Bis zum Sonnenaufgang schlängeln wir uns weiter durch die Gewässer westlich von Rügen vorbei an dem ein oder anderen unbeleuchteten und auch teilweise unverzeichneten Seezeichen. Im ersten Licht erreichen wir die enge Ansteuerung westlich von Hiddensee, bergen die Segel zum letzten Mal und werfen den Motor an. Was nun noch folgt, ist die Passage zwischen Hiddensee und dem Bock und dann das letzte Stück Fahrt durch den Strelasund bis Stralsund. Zwischen den Inseln ist der Wind zwar viel schwächer, dafür scheint sich aber hier die Kälte der Nacht festgesetzt zu haben und es ist bitterkalt. Nach einer letzten anstrengenden Nacht machen wir um 06:30 Uhr, nach gut 108 Stunden auf See, an der Tankstelle fest und warten während eines ausgiebigen Restefrühstücks darauf, Diesel zu bunkern. Danach müssen wir nur noch schnell zum endgültigen Liegeplatz auf der anderen Hafenseite. Die Crew des Vercharterers wartet bereits auf uns, also packen wir zügig unsere Ausrüstung ins Auto und übergeben die Yacht, die uns so sicher und ohne größere Schäden bei dieser denkwürdigen Auflage der Pantaenius Rund Skagen Regatta einmal komplett um Dänemark herumgetragen hat.
Bericht: Christian und Feilx
Fotos: Caro, Christian und Robert