Zum 3. Mal haben sich die unerschrockenen Segler aus Karlsruhe auf den Weg gemacht um bei der NONSTOP Segelregatta Tour de Corse à la voile teilzunehmen. Die Segelyacht, eine First 40.7, wurde nach dem Sieg bei dem ELBA-Cup von Portoferreio auf Elba über Bastia und Porto Vecchio nach Bonifacio überführt. Dort ist der Start und das Ziel der Rund Korsika Regatta. Da die beiden Regatten zeitlich sehr eng auf einander lagen wurde schon auf der Überführung trainiert. Das Abschlusstraining fand dann mit vollständiger Mannschaft von folgenden sieben ASKlern am Mittwoch in der Strasse von Bonifacio statt:
Am Start, der wie gewohnt am Donnerstag um 12:00 war, fanden sich insgesamt 21 Renn- und Cruiser Racer Yachten ein. In diesem Jahr wurde seit langer Zeit gegen den Uhrzeigersinn Korsika umrundet. Die Richtung wird im einem Briefing am Vorabend der Regatta durch eine Wahl bestimmt. Jeder Skipper hat eine Stimme und versucht für seine Yacht unter Berücksichtigung der Wind und Wellenverhältnisse den optimalen Kurs durch zu setzen, aber - die Meterologen mögen verzeihen - was sind schon Wettervorhersagen am Mittelmeer um diese Jahreszeit ?
Natürlich waren die Favoriten und Sieger der letzten Jahren auch am Start, eine ehemalige Whitbread Yacht, die Merit Cup (umbenannt in "Café de la Poste") und die sehr schnelle "Faster Koyote 2" (umbenannt in Trama 4 vents Amadeus, eine Corel 45). In der Startphase hefteten wir uns an die "Faster Koyote 2" und konnten sogar einen besseren Start als diese vorlegen.
Der erster Schlag ging am Wind mit guten 4 Bft in Richtung Osten. Mit einen Platz im Vorderfeld kam die erste Entscheidung auf den Skipper und Mannschaft zu. Sollten wir durch die ca. 50 Meter enge Pantarella Passage hochkreuzen, oder den weiteren Weg um die Inseln Lavezzi wählen. Wir entschieden uns für den sicheren Kurs um Lavezzi herum. Mit unserer Entscheidung waren wir nicht allein, etwa die Hälfte des Feldes hatte sich für den gleichen Weg entschieden. Nun kam die Frage auf, wieviel Zeit wir gegen den anderen Teil der Konkurrenten verlieren würden? Als sich die Kurse beider Felder kreuzten, waren zwar einige Boote vor uns, aber wir hatten auch einige hinter uns gelassen. Der Wind wurde schwächer. Im Laufe des Nachmittags konnten wir mehrere Boote überholen. Da der Wind noch mehr abnahm, standen wir vor der Entscheidung weiter unter Land zu gehen oder hinaus zu fahren. Letzteres war unsere Wahl. Wie es sich zeigte, die richtige Entscheidung. Wir konnten beobachten, wie einige Yachten unter Land in einer Flaute standen und wir, zwar mit langsamer Fahrt, gut vorankamen. Am Abend des ersten Tages drehte der Wind langsam auf SE und wir konnten den Spi setzen.
Im Laufe des Abends und der Nacht nahm der Wind zu und mit rasanter Fahrt ging es gegen Norden. Noch in der Dämmerungsphase versuchten wir unsere Konkurrenten auszumachen. Wir stellten fest, dass noch weiter weg von der Küste scheinbar bessere Windverhältnisse sein mussten. Denn zwei, drei Yachten hatten uns ein paar Seemeilen abgenommen. Da wir nun durchschnittlich um die 9 Knoten liefen und eine Kursänderung nach Osten unseren Weg verlängern würde, hielten wir den Kurs bei. Eine sternenlose Nacht brach ein und mit Rauschefahrt ging es Richtung Cap Corse. In der Nacht frischte der Wind weiter auf und wir erreichten Spitzengeschwindigkeiten über 12 Knoten im Surf. Diese guten Verhältnisse hatten leider nicht nur wir sondern auch unsere Mitstreiter blieben dicht in der Nähe. Mitten im Surf merkte der Skipper, dass die Ruderanlage anfing Schwierigkeiten machte. Nach einem Check während voller Fahrt musste Friedbert die Muttern der Runderanlage unter dem Steuerquadranten nachziehen, Whitbread läßt grüssen!
Gegen 3:00 Uhr morgens holten wir den Spi bei 6 bis 7 Bft in einem All-hands-Manöver herunter und änderten unseren Kurs Richtung Nordwest direkt auf Cap Corse zu. Als wir dort gegen 5 Uhr Cap Corse querab hatten und dies mit einen oder mehreren Schlücken mit einem korsischen Likör Namens "Cap Corse" feierten, rechneten wir uns schon aus, dass wir in einer neuen persönlichen Bestzeit die Inseln runden könnten. Die Morgendämmerung brach ein und der spannende Augenblick kam immer näher wo wir gute Sicht haben würden und unsere Position im Feld bestimmen könnten. Als es hell war sahen wir 6 Boote vor uns. Wir hatten unseren Job gut gemacht. In der Nacht fährt man hauptsächlich gegen sich und es ist sehr wichtig, dass sehr konzentriert gesegelt wird, um keine Seemeilen zu verschenken. Wir verringerten den Abstand zu den vor uns liegenden Booten derart, dass uns klar wurde, dass diese in einem Flautenloch festliegen. Die Boote befanden sich aller sehr unter Land und wir fielen deshalb vom Land ab. Wir konnten einige Boote überholen. Aber die Flaute erwischte auch uns. Da standen wir mit den anderen Yachten und mussten mit ansehen wie nach und nach das gesamte Feld sich wieder vereinigte. Bei dieser von uns hinterher genannten "Pace Car Phase" waren alle Boote wieder beisammen, bis auf die "Merit" und die "Faster Koyote 2". Die beiden besaßen einen deutlichen Vorsprung und hatten das Glück hier nicht fest zu liegen.
Gegen Mittag kam eine leichte Brise auf, davon konnten die Boote unter Land leider als erste profitieren. Als der Wind auch uns nach vorne trieb, waren wir unglücklicherweise im hinteren Teil des Feldes gelandet.
Der nächste Wegpunkt war das Cap Revelata bei Calvi. Wir entschieden uns den direkten Weg nach Calvi einzuschlagen. Der Wind an diesem Nachmittag war sehr schwach, teilweise stand wieder das ganze Feld. Erst am späten Nachmittag wurde der Wind etwas stärker und wir konnten unser Teilziel erreichen. Abends befanden wir uns nahe an der Küste, als der Wind wieder einschlief. Einige Yachten drehten ab und segelten bzw. dümpelten weg von der Küste in der Hoffnung weiter draußen, wie in der vergangenen Nacht, den besseren Wind zu finden. Wir nutzten diese Flaute um gemütlich unser Abendessen zu genießen. Wie bestellt, kam danach Wind auf. Die Nacht brach ein und mit ihr verschwand auch wieder der Wind. Bei dem nächtlichen Wachwechsel stellten wir fest, dass wir uns mitten in der "2. Pace Car Phase" befanden. Im Umkreis weniger Seemeile konnten wir mindestens 8 Yachten erkennen. Unser Weg über Grund war nach zwei Wachen mit jeweils 3 Stunden sage und schreibe 2(!!) Seemeilen. Gegen morgen frischte der Wind endlich etwas auf, diesmal aus westlichen Richtungen, und wir konnten mit etwas Fahrt uns von einigen Yachten entfernen. Aus den tiefeingeschnitten Tälern des Westküste blies der Wind deutlich stärker, trotzdem lagen wir am nächsten Cap wieder ohne Wind solange fest, dass uns das Feld abermals einholte.
In dieser erneuten Flautenphase kam uns unser direkter Konkurrent, eine First 40.7, die "Ciappili" bedrohlich von hinten nahe. Nur mit Mühe konnten wir die mit Hilfe ihres Leichtwindspis gefahrenen Angriffe abwehren. Ein Matchrace entwickelte sich von der Bucht von Porto bis in die Bucht von Ajaccio. Und wieder: Flaute am Cap Pointe de Senetosa mit umlaufende Winden!
Erst am späten Nachmittag des Samstags setzte sich ein südlicher Wind durch. Zuvor hatten einige Mitstreiter entnervt die Regatta abgebrochen. So auch unser größter Konkurrent, die "Ciappili". Wir mussten nur noch das Ziel erreichen. Jetzt ging es aber Schlag auf Schlag: Von einer Windflaute heraus, in der umlaufende Windhauchs den Spi um das Vorfall wickelten, sah man aus Süden kommend die Schaumkronen. Der Skipper ließ, zum Schmunzeln der Crew, noch in der Flaute die Genau III setzen, wie gut, denn der Wind nahm schnell kontinuierlich zu. Dazu brach noch die Nacht herein. Das erste Reff wurde eingebunden und wieder Vorsegelwechsel. Kurz danach das 2. Reff und erneuter Vorsegelwechsel. Der Wind nahm weiter zu und blies mit 8, in Boen bis 9 Bft (vielleicht waren es auch 10 nach der allgemeingültigen Seglerstammtischbeaufortskala). Dies bedeutete 3. Reff ins Großsegel und Genua IV sowie das Bereitlegen der Sturmfock. Die Yacht legte sich in den Böen bedrohlich quer. Der Wind nahm jedoch nach einiger Zeit etwas ab und wir konnten wieder teilweise ausreffen. Danach drehte der Wind auf West und mit halben Wind segelten wir unserem Ziel entgegen.
Allerdings hatte die Regatta ihre Spuren hinterlassen. Auf dem letzten Schlag war die komplette Mannschaft milde gesagt am Rande ihrer Belastbarkeit. Teilweise wurde sogar der Rudergänger vom Sekundenschlaf übermannt. Plötzlich eine Schrecksekunde: Der Rudergänger brüllte: "Das Ruder ist weg!" Dies gab der gesamten Mannschaft einem Andrinalienstoss, zumal wir schon einmal Probleme mit dem Ruder hatten. Aber nach ettlichen Schrecksekunden stellten wir fest, dass durch den Fahrtverlangsamung kein Ruderdruck mehr vorhanden war. Dies war dem todmüden Rudergänger entgangen. Wir nahmen wieder Fahrt und Kurs nach Bonifacio auf und schließlich überquerten wir bei zunehmendem Nordwestwind mit 6 bis 7 Bft. um 23:00 die Ziellinie. Danach war die berüchtigte Einfahrt bei Kreuzseen in die Bucht von Bonifacio nur noch ein Kinderspiel!
Bei der Ankunft im Hafen wurden wir wie im vergangenen Jahr von unseren Mitstreitern in der Art begrüßt, als hätten wir eine Whitbreadetappe hinter uns gebracht. Jeder der Teilnehmer weiß, welche Anstrengungen man in den letzten 2 ½ Tagen auf sich genommen hat. Die Nacht wurde zum Tag. Einige Kneipen waren geöffnet und bis in den frühen Morgen wurden die Eindrücke und Erfahrungen der Regatta unter den Seglern ausgetauscht. Dank der Tresen und Stühle konnte der eine oder andere sich noch senkrecht halten, den trotz der ausgelassen Stimmung die Müdigkeit einholte. Leider hatten ja einige Boote kurz vor dem Ziel aufgegeben. Die Enttäuschung der Mannschaft von diesen Booten kann man sich sicher vorstellen.
Die Siegerehrung war am Sonntag Nachmittag im Cafe de la Post in Hochdorf von Bonifacio. Gewinner war die Mannschaft der "Faster Koyote 2" mit dem Skipper Lionel Péan, der französische Nationalheld und Inhaber des Atlantikrekords für Einrumpfboote. Lionel war schon bei der Ankunft im Flughafen über Matthias gestolpert, denn beide kennen sich schon von vorherigen Rund-um-Koriska Regatten und fuhren gemeinsam mit dem Taxi in's ehemalige Räubernest Bonifacio. Zweiter wurde die "Merit Cup" mit dem nicht weniger bekannten Skipper Alain Gabbay. Die "Tête en l`air" eine Eine First 31.7 holte sich den 3. Platz. Wir wurden mit unserer First 40.7 nach Verrechnung 14. von 21 gestarteten Schiffen. Damit konnten wir uns auch die begehrte Trophäe First Bénéteau 40.7 Trophy Year 2001 sichern.
Trotz der Anstrengungen war sich die Crew einig, dass die Tour de Corse ein außergewöhnliches seglerisches Erlebnis ist und, dass wir nächsten Jahr wiederkommen. Mehr noch, wir müssen sogar wiederkommen, denn wir wollen ja unsere Trophäe verteidigen!
Einer für alle, alle für einen!