NON STOP RUND KORSIKA, DIE ZWEITE!
Friedbert Mathes, der Überführungsskipper, Dirk Fulle und ich waren auserkoren, unsere Regattayacht vom Typ JOD 35 in St. Tropez abzuholen und nach Korsika zu überführen, wo der Rest der Racecrew zu uns stoßen sollte.
Leider mußten wir uns zunächst einmal mit den Grundlagen der Schiffstechnik auseinandersetzen, bevor wir überhaupt aufbrechen konnten. Wer dabei war, kann sich sicher erinnern und wer nicht dabei war, würde die Einzelheiten wohl ohnehin nicht glauben, spezielle Details bleiben daher unerwähnt; früher waren die Schiffe schließlich auch nicht dicht und elektrische Bilgepumpen hatten die Jungs auch nicht; was spielte es da schon für eine Rolle, daß wir zwar eine Batterie, nach dem Motorausfall schließlich für selbige aber keinerlei Verwendung mehr hatten?
Ähnlich wie die Schweizer zur gleichen Zeit mit Regenschauern und Schlammlawinen kämpften, taten wir selbiges schon bald mit dem Mittelmeer. Auf den AufBRUCH folgte nach wenigen Stunden der AusWURF - und zwar von Lebensmitteln. Es soll ja Leute geben, die diesen Kahn tagelang zu zweit durch die Gegend geschippert haben... . Aber nach den ganzen Reparaturen, unzähligen Gewittern und jeder Menge Wind in Verbindug mit einer Sichtweite Marke "Bugspitze”, waren wir alle nach einer Nacht, die das Schlafen durch das Surfen ersetzte, restlos erschöpft. Nach Stunden ohne wahrzunehmenden Raumgewinn steuerten wir nach 110 sm schließlich Cargèse auf Korsika an und fielen dort in einen totenähnlichen Schlaf.
Der nächste morgen
brachte die Wetteränderung, wir motorten im Morgengrauen nach Ajaccio. Dort ließen sich im Laufe des Tages zunächst die Sonne, dann die Vorschiffsleute Ralf Seeland und Felix Schulz und -last not least- der Skipper Olaf Kaspryk und unser Smut Matthias Balzer blicken. Diese Crew ließ die kommenden Tage und Nächte zu einer Sternstunde der ASK werden.
Das Positive am schlechten Zustand der Yacht war die daraus resultierende Gruppendynamik. Gemeinsam schafften wir es, innerhalb weniger Stunden das Beste aus dem Schiff zu machen, ein jeder hatte seine Baustelle und doch zogen alle am gleichen Strang.
Im "Cafe de la Poste" entschied sich die Mehrheit der Skipper leider für den Startkurs "nach Westen", ein deutlicher Nachteil für uns. Frustriert vernichteten wir sämtliche Sangriavorräte des Cafes, bis es geschlossen wurde. Und während die übrigen Mannschaften versuchten, sich mit einer Mütze Schlaf schon am frühen Abend optimal auf den Start vorzubereiten, taten wir dies mit einer Nudelsuppenparty am frühen Morgen, bevor auch wir uns noch kurz in die Kojen geschwungen haben... ...und Friedbert seinen Foto über Bord.... Schade!
Mit jeder Minute, die verstrich, spielte die Crew sich besser aufeinander ein und gewöhnte sich mehr und mehr an sowohl die Eigenheiten der Yacht als auch die lokalen Windverhältnisse. Als wir dann endlich die Landmarke Cap Corse gerundet und bei der Crew eine Flasche des gleichnamigen Likörs die Runde gemacht hatte, preschten wir bis auf Platz 3 des gesamten Feldes nach vorne.
Leider sollten wir wieder bis auf Platz 9 durchgereicht werden. Dies hing nicht zuletzt mit dem Bemühen der Navigationsleute Ralf und Martin zusammen, die bereits erwähnten Gruppendynamik noch zu perfektionieren: Auf das blitzartige Bergen des Spis folgte schnelles, wiederholtes Halsen... ...wie aus dem Bilderbuch. Gelegentlich war dabei in pechschwarzer Nacht sogar mal Land in Sicht, aber unter der Devise “Lieber Schwitzen als Aufsitzen” wurde auch diese Situation gemeistert.
Nach 66h23min fanden wir schließlich auch die Boje, die die Ziellinie markierte. Es war um 6:23 Uhr, der Morgen graute bereits doch dank der vorzüglichen Bewirtung von Smut Matthias waren wir alle noch bei Kräften; und mehr als für die Regatta sollten wir diese für die bevorstehende Feier noch benötigen…. …denn wir wurden bereits erwartet. Unter Gejohle und Gewinke einiger der vor uns eingetroffenen Crews erreichten wir schließlich das Bonniboom-Café. Guy, der dieses extra nicht geschlossen und stattdessen den Bierhahn auf Dauerfeuer gestellt hatte, war ein weiteres mal exzellenter Gastgeber. Einzelheiten bleiben allerdings Bordgeheimnis. Die örtliche Polizei jedenfalls war in dieser Nacht glücklicherweise mit Ohrenstöpseln und Anrufbeantworter bewaffnet worden, wir konnten also nach Herzenslust feiern und landeten schließlich zum größten Teil im Hafenbecken. Da an Schlafen mittlerweile ohnehin nicht mehr zu denken war, endete diese fantastische Feier im Frühstückscafe des nahen Hotels. Zu bedauern ist jener, der sich nicht mehr daran erinnern kann… . Mit dem ASK- Logo auf der Brust war ich noch im Bus nach Bastia Gesprächsthema der Mitreisenden, die mich schnell als “un des les fideles des fideles” ausmachten…..
15 Yachten waren an den Start gegangen, nach der Verrechnung landeten wir auf Platz 9, nur wenige Minuten hinter der First 40.7 „Madraco 24“, unserer Copa-del-Rey-Regattayacht. Gewonnen wurde die Regatta von M. Delesseme auf einer MUMM 36 in 56h und 24min nach berechneter Zeit.
Auch die lange Zeit als Favoriten gehandelten bekannten französischen Skipper J.M. Arthaud auf einer OPEN 40 sowie L. Pean auf einer COREL 45, mußten sich bei dieser Wettfahrt Delesseme geschlagen geben.
Und haben wir auch die Regatta nicht gewonnen, so ist uns doch der moralische Sieg nach all dem Ärger und der Anstrengung im Vorfeld nicht zu nehmen. Im Feiern sind wir sowieso unschlagbar.
In diesem Sinne:
"Jungs, das war spitze!"