Unsere Anfahrt aus Karlsruhe war stilvoll - wie es sich für die Côte d’Azur gehört - mit einer ebenso bequemen wie zügigen Anreise per TGV. Zwei Crewmitglieder aus Innsbruck kombinierten den Törn mit einem Kurzurlaub in Nizza und brachten uns das südfranzösische Lebensgefühl direkt mit an Bord.
Da der Törn genau zu den Filmfestspielen in Cannes stattfand, hatten wir dessen Stadthafen als unser Ziel auserkoren und den Liegeplatz bereits weit im Voraus reserviert. Unser Törn startete in Toulon, wo wir den ersten Tag zum Erkunden der Stadt nutzten.
Der gut ausgestattete Hafen erlaubte es uns, askew in Ruhe zu übernehmen und alle notwendigen Einkäufe für die Reise zu erledigen. Der Cours Lafayette ist eine belebte Fußgängerzone in der Altstadt, in der mit dem Marché de Provence einer der größten und bekanntesten Märkte der Provence stattfindet. Während unserem französischen Frühstück mitten im Geschehen genossen wir das bunte Treiben.
Bei durchwachsenem Wetter brachen wir früh am nächsten Tag zur Insel Porquerolles auf. Wiederkehrender Regen, Wellengang und ein Rollvorsegel, dass sich nicht mehr wie vorgesehen bergen lässt sorgten für ungewollte Abwechslung. Am Abend wurden wir mit einer perfekten Ankerbucht an der Westseite der Insel belohnt - sowohl aus seglerischen als auch aus touristischen Gesichtspunkten.
Am nächsten Vormittag erkundeten wir das Naturschutzgebiet und die ehemalige Bergerie Ferme de l'Aiguade, eine landwirtschaftliche Anlage zur Wassergewinnung und -speicherung (u. a. für Schiffe und Soldaten), die aus dem 19. Jahrhundert stammt. Anschließend ging es ausgedehnt baden, ehe wir die Insel umrundeten, um abends in Porquerolles festzumachen. Sie ist ein echtes Juwel für alle die Natur, Kultur und Entspannung suchen.
Frühmorgens, noch bevor die ersten Touristen auf die Insel strömen, besichtigten wir den malerischen Ort und dessen Festung. Das uns mehrfach empfohlene Kunstmuseum mussten wir aufgrund der späten Öffnungszeiten leider auslassen.
Mit Levant steuerten wir die östlichste der drei Inseln der Inselgruppe Îles d’Hyères an und warfen an ihrer Küste den Anker. Während der Großteil der Insel dem französischen Militär als Raketentestgelände dient ist nur der kleine Ort Héliopolis zugänglich. Der Ort steht mit dem Naturismus für eine achtsame und naturverbundene Lebensform und ist eine Oase für Aussteiger. Nacktheit ist an allen Badestellen und auf dem Pfad entlang der Felsenküste obligatorisch, auf allen öffentlichen Wegen und Plätzen sowie in den Geschäften, die es akzeptieren, freigestellt. Lediglich im Hafenbereich ist „le minimum“ zu tragen. Von den Aufforderungen blank zu ziehen eingeschüchtert verstauten einzelne Crewmitglieder ihr Badeoutfit, zur Erheiterung der anderen, kurzzeitig im Drybag.
"Alles, was es braucht, ist ein Funke. Es gibt nur einen FKK-Bereich in Héliopolis."
Für eine ruhigere Nacht beschlossen wir am späten Nachmittag den Anker aufzuholen und zum Festland überzusetzen. Der dort gewählte Ankerplatz bestätigte uns in der Entscheidung.
Früh am nächsten Morgen nahmen wir Kurs auf Saint-Tropez, oder besser gesagt zunächst dessen Vorhafen. Aufgrund der bunten provenzalischen Häuser, der Brücken und des Kanalsystems ist Port Grimaud auch als Venedig Frankreichs bekannt. Die charmante Lagunenstadt wurde jedoch erst in den 1960er Jahren erbaut und kann daher nicht auf eine lange historische Vergangenheit zurückblicken.
Besonders war auch der nächtliche Besuch der Sanitäranlage per Dinghy, was angesichts der Infrastruktur fast schon einen Hauch von James Bond hatte. Ein unüberschaubares Labyrinth aus Yachten und Motorbooten. Jede einzelne ein Vermögen wert, oft im Millionenbereich.
Noch früh am Morgen ankerten wir vor Saint Tropez (♫ „WELCOME TO ST. TROPEZ“) und machten uns auf zur Erkundung der Altstadt und der Festungsanlage. Unser leeres Dinghy sorgte kurz für Aufregung und so schleppte uns ein Marinero kurzerhand zur Tankstelle. Zurück auf askew ist man sich einig: die Stadt hatte in jeglicher Hinsicht enttäuscht und kann bei zukünftigen Törns getrost ausgelassen werden. Am übernächsten Tag wird sich zeigen, dass Cannes all diese Erwartungen an Glanz und Glamour erfüllt und sie übertreffen wird.
Als Tagesziel wurde die Insel Sainte-Marguerite direkt vor Cannes angesteuert. Aber wie immer galt: "Alles Cannes nichts muss!". Wie auch in Levant fühlten wir uns unter Beobachtung. War es wenige Tage zuvor ein Hubschrauber der uns überprüfte verbrachten wir nun mit der Küstenwache die Nacht in der Ankerbucht. Das in der Nähe eingezeichnete Unterseekabel machten wir als Grund dafür aus. Mehrere vorsätzlich herbeigeführte Stromausfälle rund um Cannes und Nizza wenige Tage später bekräftigen unsere Vermutung. Wir erkundeten die Insel, welche überwiegend mit Eukalyptus und Kiefern bewachsen ist. Die riesige, begehbare Festungsanlage und Strafgefängnis Fort Royal beeindrucke uns und ermöglicht einen atemberaubenden Blick auf Cannes. Ihr bekanntester Gefangener war von 1687 bis 1698 der mysteriöse Mann mit der eisernen Maske. Seine Identität konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden.
Nach einer unruhigen Nacht steuerten wir unser Ziel, den Stadthafen Cannes, an. Den ganzen Tag über bis spät in die Nacht sind wir in der Stadt unterwegs, beobachten die Filmleute mit ihren schicken, auffälligen Outfits, teuren Autos, Uhren und Handtaschen sowie aufdringlichen Düften. Von dem Merchshop sind wir ebenso begeistert wie von der Tatsache, dass wir mehrere Leitern direkt vor dem roten Teppich ergattern konnten. Von dort aus genossen wir beste Aussicht auf das Blitzlichtgewitter der Fotographen und dem Empfang der Stars. Das rege treiben und helle Licht lässt alles surreal erscheinen, die Zeit im Fluge vergehen und hat etwas von Miniatur Wunderland.
Unsere „WG auf Zeit“ funktionierte trotz begrenztem Platz und manch unvorhergesehenem Ereignis hervorragend. In aller Frühe löste sich unsere Crew schließlich auf - mit vielen schönen Erinnerungen im Gepäck und dem festen Vorsatz, eines Tages die restliche Côte d’Azur zu erkunden.
Wieder einmal hat askew, insbesondere mit ihrer Ausstattung und Performance, geglänzt. Ein dickes Dankeschön gebührt allen, die sich für unser besonderes Schiff in diesem schönen Revier engagieren. Denn ohne sie (und damit ohne askew) wäre der Törn in dieser Form nicht möglich gewesen.