Was machen alte Seebären, die bereits Anfang der „2000-Jahre“ Hochseeregatten erfolgreich für die ASK segelten, mit ihrer knappen Freizeit, wenn Sie noch sportlich am Regattageschehen international teilnehmen möchten? Sie suchen sich eine Yacht, die international anerkannt ist und auf verschiedenen Binnenrevieren und geschützten Seegewässern einsetzbar ist. Gesucht und gefunden: Die international wenig bekannte aber dennoch interessante Microcupperklasse ist die Antwort. Diese Kleinyacht hat alles, was man auf einer Yacht kennt, allerdings in „Microausführung“. Die Boote sind zwischen einem Jollenkreuzer und einem klassischen Kielschiff mit Ballastkiel einzuordnen. Die Yacht kann sowohl zu zweit, zu dritt oder zu viert gesegelt werden, und die maximalen Rumpfabmessungen sind in der „Box Rule“ festgelegt, so dass viele konstruktive Freiheiten bei der Auslegung der Yachten bestehen. Sie hat eine Rumpflänge von 5,50 m, ist 2,45 m breit und hat einen Tiefgang mit einem Hubkiel von 0,30/1,10 m. Sie wiegt zwischen 450 kg (Proto) und 650 kg (Cruiser). Mit einer Amwindsegelfläche von knapp 19 m² sowie einem Spi, der rund 20 m² misst, wird die Beherrschung dieses Bootes für die Crew über 4 Bft zur sportlichen Veranstaltung, denn mit einer Segeltragezahl von knapp 6 (Segelfäche im Verhältnis zum Gewicht) gehört eine Micro mit zu den schnellsten Kajütbooten, die es auf dem deutschen Markt in der Größenkategorie bis 7 Meter zu kaufen gibt. Natürlich sind die sogenannten „Sportboote“, wie z.B. Seascape 18 auf bestimmten Kursen durch die großen Gennacker schneller, aber der Micro ist das ausgeglichenere Boot. Auf alle Kurse und jede Windstärke zusammen gerechnet schlägt er auf Regatten häufig diese vermeintlich schnelleren Schiffe. Micros erreichen bereits bei zwei bis drei Windstärken ihre Rumpfgeschwindigkeit. Ab 4 Windstärken gerät ein Micro unter Spinacker ins Gleiten. Im direkten Vergleich sind Kajütboote erst ab 7,5 m Meter Länge wieder in der gleichen Geschwindigkeitsklasse zu finden. In Yardstickwettfahrten, in denen die verschiedensten Boote gegeneinander antreten, erreichen Micros selbst nach gesegelter Zeit fast immer vordere Plätze.
Die Geburt der Microklasse fand 1976 in Frankreich statt. Ziel war es, eine Klasse für den Einstieg in das Regatta- und Fahrtensegeln mit Yachten für die Jugend zu schaffen. Auf den Regattabahnen der 80er Jahre trafen teilweise weit über 100 Schiffe aufeinander. Mit der politischen Öffnung Ende der 80er entdeckten die Regattasegler im Osten den relativ günstigen Micro für sich. Bis heute hält dieser Kontakt an und führt zu regen Regattabesuchen von östlichen Regattacrews in Deutschland und umgekehrt. Weitgehend unabhängig entwickelte sich der Micro in Amerika und Australien. In Brasilien, Argentinien und Chile entstanden ab den 90er Jahre große Flotten von einheimischen Werften, die bis heute als starke Klasse Regatten segeln. In Australien entstand ebenfalls in den 1990er Jahre eine Microflotte. Seit den 90er Jahren sind die osteuropäischen Microcrews auf den WMs kaum noch schlagbar, obwohl in Frankreich heute immer noch über 160 Crews auf der Rangliste registriert sind. Ihre schnellen Proto-Konstruktionen bestimmen das Geschehen auf den internationalen Regattabahnen. Ihr Höhepunkt fand diese Entwicklung in den 2010er Jahren mit der neu entwickelten Typen aus Polen, Russland und aus Lettland.
Im Jahre 2000 richtete Deutschland das erste Mal eine Micro-WM vor Warnemünde aus. Der Micro war inzwischen anerkannte Regattaklasse des Weltseglerverbands (ISAF), sodass nun der Weltcup auch offiziell eine WM war. Weitere WMs in Deutschland folgten 2007 erneut innerhalb der Warnemünder Woche. Die WM 2010 in Moskau brach alle Melderekorde, 72 Boote aus 11 Nationen und drei Kontinenten waren dabei. Mit dabei waren ab den 2010er Jahren auch wieder Boote aus Spanien, Italien und Großbritannien, wo der Micro eine kleine Renaissance erlebt. Hinzu kommen inzwischen Crews aus den Niederlanden, Belgien, Österreich, Slowakei und Serbien. 2014 war die WM zum dritten Mal in Deutschland. Diesmal sorgten die Microcupper für ein Novum, denn sie waren die erste ISAF-Klasse, die in Berlin auf dem Wannsee eine WM aussegelten. Inzwischen wird das Boot in 25 Ländern auf allen Kontinenten gesegelt. Es gibt weltweit mehr als 9.000 Boote. Allein in Deutschland wurden bereits über 500 Micros verkauft. Die Boote lassen sich grob in drei Kategorien einteilen. Prototypen (Protos) sind für das pure sportliche Regattasegeln ohne Komfort gebaut. Serienregattabooten (Racer) sind sogenannte Cruiser-Racer, also Regattaboote, die genug Komfort zum ruhigen Daysailing und für den kleinen Wochenendtörn bieten. Die Kreuzer (Cruiser) sind schnelle Tourenboote mit vollwertiger Kajüte für den Wochenendtörn aber auch die gelegentliche Regatta.
Nach dem Kauf einer gebrauchten Yacht aus Lettland im Jahre 2017 startete Ole und Friedbert von 2018 bis 2024 - unterbrochen durch das COVID-Jahr 2020 - an 26 Regatten für die ASK. Nach einer Eingewöhnungszeit und diversen Optimierungen wurde das Handling der Yacht immer besser. Bei 13 von diesen Regatten kamen sie unter den Top 3, also durchschnittlich bei jeder zweiten Regatta. Hervorzuheben ist der erste Platz auf der Zweihand-Rund-um Regatta auf dem Bodensee in 2024. Nach einem hervorragenden zweiten Platz in 2023 bei dieser prestigewürdigen Regatta wurde die Yardstickgruppe 3 gewonnen. Eine ASK-Platzierung sozusagen für die Ewigkeit. Dieses Jahr wollen sie mit dem zehnten Start an der Zweihand-Rundum den Pokal verteidigen.
Gewinner der Zweihand-Rund-Um 2024 Yardstick 3, Foto: privat
Gewinnen konnte die Crew zweimal die Yardstickwertung in Hochheim am Main zur Stadtmeisterschaft, sowie die Herbstregatta in Otterstadt. Insgesamt sieben zweite Plätze sind der Beweis, dass die Friedbert und Ole durchaus im Regattageschehen vorne mitmischen können. Zweite Plätze ersegelte man an der Herbstregatta in Otterstadt, zwei weitere in Hochheim auf dem Main, sowie auf dem Starnberger See bei der Langstrecke in Feldafing mit Ralf, Astrid und Svea, an der Pützregatta auf dem Altmühlsee und auf dem Untersee (Bodensee) beim 20 Meilen-Cup durch Astrid, Svea, Peer und Ole. Dritte Plätze ersegelten Friedbert und Ole auf dem Chiemsee bei der Weitsee Rennerts in ihrer Gruppe, einer Regatta zur Chiemseemeisterschaft und erneut auf dem Altmühlsee bei der Pützregatta.
Gewinn der Hochheimer Yardstickregatta innerhalb der Hochheimer Stadtmeisterschaft, Foto: privat
Zwei Weltmeisterschaften, einmal auf dem Traunsee in Österreich mit dem 22. Platz, an der Ralf, Friedbert und Ole teilnahmen sowie dem 47. Platz auf dem Lac de Carcans bei Bordeaux mit 61 Teilnehmern aus Europa und Argentinien bei der als dritter Mann Dario aktiv war, zeigen allerdings, wie weit die internationale Spitze weg ist. In der aktuellen deutschen Rangliste belegt die Crew aktuell den siebten Platz. In den vorangegangenen Jahren platzierte sich die Crew immer untern den Top 10 der Rangliste. In der europäischen Rangliste belegte die Crew Platzierungen in der ersten Hälfte.
Wenn sich 60jährige plus auf eine solche sehr agile Yacht einlassen, wissen diese was sie sich antun: Schnelles, direktes und sehr agiles Segeln. Die Vorteile dieses Bootes ist -neben der sehr günstige Anschaffung-, dass die Yacht aufgrund ihres Hubkiels einfach trailerbar ist und sich dadurch an jeder Rampe an Gewässer ohne Probleme wassern lässt. Diese Flexibilität ist unschlagbar. Die Yacht segelt sich fast wie eine Jolle und ist mit vielen Trimmmöglichkeiten ausgestattet. Übernachten kann man tatsächlich auch auf dem Boot.
Durch das verhältnismäßig geringe Gewicht, wird dieses Boot von den anderen Yachten immer unterschätzt. Die Proto hat einen Yardstickwert von 111, der Racer von 113 und der Cruiser von 115. Wenn Micros auf der Regattabahn auftauchen, werden die Wettfahrten meistens durch die Crews dominiert. So zum Beispiel bei der Steinhuder Meer Rund Regatta, auf der rund 70 Yachten starten, wurden die ersten drei Plätze durch die Micros belegt. Oder bei der Eisernen, wo die Micros immer unter den TOP 10 sich auf der kurzen Bahn platzierten. Friedbert und Ole wissen inzwischen sehr genau, dass Microsegeln etwas Besonderes ist. Die kommende WM vor Gdingen in Polen auf der Ostsee ist fest im Blick. Und, selbstverständlich die Pokalverteidigung bei der Zweihand-Rundum.
Crewmitglieder und ASKler waren bis dato: Ralf Seeland, Dario Cardone, Astrid, Svea und Peer Kaspryk
Fortsetzung folgt….