Entspanntes Segeln im Mittelmeer mit Buchtenhopping – oder doch eher sportliche Herausforderung? Eine Gruppe regattabegeisterter ASK-Mitglieder hat dieses Jahr am legendären Giraglia Cup teilgenommen. Zum ersten Mal wurde diese hochkarätige Segelregatta nicht mehr von Rolex, sondern vom italienischen Luxusmodelabel Loro Piana gesponsert. Wir waren gespannt, welche Änderungen uns erwarten würden.
Mit dem Stadtmobil starteten wir in Karlsruhe, luden das Regattamaterial aus dem askew-Anhänger um und fuhren mit Zwischenstopps in Stuttgart und am Bodensee nach Genua, wo die askew bereits auf uns wartete. Während in Süddeutschland schwere Regenfälle die Straßen fluteten – zeitweise war trotz Scheibenwischer eine geschlossene Wasserschicht auf der Frontscheibe zu sehen – und wir in den Alpen schneebedeckte Berge erblickten, empfingen uns in Genua sommerliche Temperaturen. Perfekt, um direkt das Schiff zu beziehen.
Der nächste Tag stand ganz im Zeichen der Regattavorbereitungen. Wir schlugen die Regattasegel an, überprüften und tauschten Schoten und ersetzten eine nicht mehr regelkonforme Relingsstütze. Alles, was wir nicht unbedingt benötigten, wie das Dinghi und den Außenborder, packten wir wieder ins Auto. Das Verstauen der Segel und des Regattaequipments an Bord war zwischenzeitlich abenteuerlich, doch am Ende fand alles seinen Platz. Nach einem letzten Einkauf konnten wir endlich Segel setzen!
Der Giraglia Cup besteht aus einem viertägigen Inshore-Race in der Bucht von Saint-Tropez und der legendären Langstreckenregatta von Saint-Tropez um den Giraglia-Felsen bei Nordkorsika bis nach Genua. Da die Überführungsregatta von San Remo nach Saint-Tropez in diesem Jahr entfiel, hatten wir mehr Zeit, uns als Crew einzuspielen, die Segel zu testen und Manöver zu trainieren. Wie war das noch mit dem Spi und dem Zwei-Leinen-System? Und wer hat im richtigen Moment die Hände frei, um entscheidende Aufgaben zu übernehmen? Wir nutzten die Gelegenheit, um das Schiff optimal auf die Regattasituation vorzubereiten.
Mit perfekten Trainingswinden spielten wir uns auf dem Weg nach Saint-Tropez als Crew ein. Nach einem Zwischenstopp in der Bucht vor Alassio legten wir in Bordighera an, bevor wir zur Einstimmung auf Saint-Tropez in Cannes Halt machten und die südfranzösische Atmosphäre aufsogen. Auch wenn die Filmfestspiele bereits zwei Wochen vorbei waren, genossen wir die Zeit. In der Bucht vor der Île Saint-Honorat widerstanden wir der Versuchung, uns Pizzen vom bekannten Pizza-Katamaran zu gönnen, und setzten stattdessen auf die Kochkünste an Bord. Am nächsten Tag erreichten wir die Bucht vor Saint-Tropez und nutzten die Zeit für Trainingsschläge, bevor wir den Hafen von Port Grimaud erkundeten.
Der darauffolgende Tag begann mit der Anmeldung und Registrierung im Hafen von Saint-Tropez. Ein beeindruckendes Bild: Die Maxis und TP52 lagen vor der historischen Promenade, während kleinere Boote wie unsere askew im Päckchen an der Mole vertäut wurden. Im Race-Village, das luftig über der alten Hafenmauer errichtet war, gab es Häppchen und lokalen Champagner – eine perfekte Gelegenheit, um erste Kontakte mit anderen Teams zu knüpfen.
Dann ging es los mit den vier Inshore-Rennen. Nach einem kurzen Jogginglauf reihten wir uns pünktlich in die lange Perlenkette der auslaufenden Boote ein. Der Start in der Bucht war ein Spektakel: Alle Startgruppen starteten kurz hintereinander von derselben Linie. Es war ein kunterbuntes Treiben aus großen und kleinen Booten. Orientierung boten lediglich die roten und blauen Regattasticker, mit denen man die eigene Startgruppe erkannte. Nun hieß es, volle Konzentration und Geschwindigkeit aufzubauen, um möglichst schnell zur ersten Tonne zu kommen.
Am ersten Tag führten uns Up-and-Down-Kurse auf eine verkürzte Bahn. Wir konnten das Gelernte anwenden und erzielten gegen die erfahrenen Profiregatta-Crews respektable Platzierungen: 12, 11, 11 und 14. Wir hatten nicht nur viel Spaß, sondern lernten auch unsere askew und ihre Möglichkeiten besser kennen.
Nach den Inshore-Rennen blieb noch Zeit, durch die Gassen von Saint-Tropez zu schlendern und das Flair der Stadt zu genießen, bevor wir uns für die Langstreckenregatta bereit machten. Letzte Arbeiten standen an: Der Windmesser wurde kalibriert, der Radarreflektor angebracht und die Wetterrouting-Software aktualisiert.
Am Starttag der Langstreckenregatta begann der Morgen wie gewohnt mit einem Up-and-Down-Kurs, bevor es nach der Tonnenrundung auf Raumschotkurs nach Osten ging. Eine steife Brise und ordentliche Wellen begleiteten uns. Im Wachsystem segelten wir durch die Nacht, bis am Morgen die Küste Korsikas in Sicht kam. Vor der Rundung des Giraglia-Felsens refften wir das Großsegel, während ein Kamerahubschrauber über uns kreiste. Ein spannendes Duell mit einer anderen Yacht ließ die Rundung zum Highlight werden.
Mit Kurs auf Genua nahmen wir das Großsegel herunter und folgten einem Plan unseres Skippers: einen tieferen Kurs unter Spinnaker zu fahren, um Plätze gutzumachen. In den letzten Stunden vor dem Ziel hieß es „all hands on deck“. Um kurz nach vier Uhr morgens erreichten wir die Ziellinie – unser Bootsname wurde per Funk durchgesagt. Wir wurden mit einer Flasche Champagner empfangen und gönnten uns im Yacht Club Italiano einen Snack, bevor wir erschöpft in die Kojen fielen.
Nach einem ausgiebigen Schlaf stand „Klar Schiff machen“ auf dem Programm: Aufräumen, Reinigen der Rettungswesten, Spülen der Segel und kleinere Reparaturen. Der Abend gehörte der Abschlussparty, bei der wir gemeinsam mit allen Teilnehmern, insbesondere dem HVS, bis spät in die Nacht feierten – sogar länger, als der DJ ursprünglich eingeplant war. Mit Platz 11/16 in unserer Gruppe IRC2 konnten wir bei den fordernden Bedingungen der Regattatage sehr zufrieden sein – gerade auch mit unserem „schwimmenden Wohnmobil“, wie wir die askew liebevoll nannten, gegen echte Rennboote ohne Innenausbau und Komfort und Proficrews.
Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen. Wir wechselten zurück in den Haupthafen von Genua, bauten die Regattaausrüstung zurück und übergaben die askew an die Folgecrew. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verließen wir das Schiff. Eines ist sicher: Das war nicht unser letzter Giraglia Cup!