Ab 17. August wollten wir nach viel Vorbereitungsarbeit und Crewsuche am Palermo-Montecarlo Race teilnehmen. Leider fing sich unsere askew, das einzige Boot mit dem wir hätten teilnehmen können, wenige Wochen vorher einen schwer reparierbaren Getriebeschaden ein, sodass wir die Regatta absagen mussten. Eine Lösung war dennoch schnell gefunden: Eine Woche Ersatztörn ab Palermo, im Sinne des Race als Regattatraining und -viewing an dessen Startlinie. Zumindest dachten wir das.
Kurzfristig konnten wir eine Dufour 430 GL mit Lattengroß und Gennaker chartern - sicher groß genug für 6 Teilnehmer*innen, wir waren aber außerplanmäßig nur zu viert. Am Steg angekommen übernahmen wir das Boot und mussten die nächste Enttäuschung hinnehmen: Der (einzige) Gennaker für die Dufour ist für Leichtwind (laut Vercharterer bis 8kn Wind) geschnitten, die Wettervorhersage sagte konstant das doppelte für die Woche vorher. Also entschieden wir uns, ihn kostenlos zu stornieren und ohne loszufahren. Immerhin konnten wir uns auf guten Segelwind freuen!
Um der Hitze der Großstadt Palermo zu entfliehen legten wir noch am Samstag ab, legten uns in eine Bucht nördlich der Stadt und steckten unsere Erwartungen an die Woche ab: Was wollen wir üben, was wollen wir sehen? Und wie schaffen wir es trotzdem, Dienstag Mittag zum Regattastart wieder bei Palermo zu sein?
Sonntag ging es also los nach Ustica, eine sehr kleine Insel nördlich von Sizilien. Bei bis zu 20kn Wind machten wir uns mit den Trimmmöglichkeiten des Bootes vertraut und liefen so mit für ein neues Charterboot erstaunlichen Geschwindigkeiten gen Norden. Bei teils böigen Winden und mit der ein oder anderen Spontanwende tasteten wir die Buchten ab auf der Suche nach einem Ankerplatz - bei einer vulkanischen Insel aber leider quasi hoffnungslos. Es blieb uns nur der einzige Fähranleger der Insel - solange wir morgens vor der ersten Fähre weg sind. Bei leidenschaftlichen Diskussionen der Vorfahrtsregeln in Regatten anhand von Handy-Booten und Sonennbrillen-Großsegeln aßen wir zu Abend und erkundeten den Ort Ustica. Dieser ist definitiv einen Besuch wert - nur mit Ankern sollte man nicht rechnen. In der Nacht wurden wir mit unseren dank der Hitze dauer-geöffneten Luken von einer starken Gewitterfront überrascht - ohne Wind, dafür viel Wetterleuchten und Regen. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass diesem Gewitter an der sizilianischen Küste die Supersegelyacht BAYESIAN zum Opfer gefallen war.
Um Dienstag früh an der Startlinie zu sein, fuhren wir also Montag zurück zum "Festland" Siziliens. Bei bis zu 25 Knoten Wind und möglicherweise etwas zu viel Tuch liefen wir raumschots bis zu 11.9 Knoten beim Surfen auf der Welle, ein kleiner Wettstreit um den höchsten Top-Speed entbrannte. Dieser fand ein jähes Ende, als die Bergeleine der Genua in einer Bremse feststeckte und das Segel somit erstmal unbenutzbar war. Also segelten wir an der Opfer der gesunkenen Yacht suchenden Küstenwache und unter ihren Helikoptern durch zu unserem Ankerplatz südlich von Solanto. In der geschützten Bucht ließ sich die Bergeleine mit leichter Gewalt wieder einrenken.
Am Folgetag versuchten wir uns am 8/9/10-Rhythmus, um pünktlich zum Start der Regatta zu kommen. Doch die nächste Enttäuschung wartete schon auf uns: Die Startlinie war nördlicher als erwartet - und für uns, die wir dort hin kreuzen mussten, außer Reichweite. Wir gaben trotzdem unser bestes und kreuzten mit viel zu wenig Fortschritt nach Luv Richtung Regatta. Als wir den Start dann über Funk mitverfolgten, konnten wir nur mit viel Fantasie ein paar Segel mit dem Fernglas ausmachen - das war's dann mit dem Viewing...
Auch die Erwartung, ein Regattatraining abzuhalten, hatte inzwischen gelitten. Mangels Gennaker konnten wir damit keine Manöver trainieren - und die Hitze gab der Crew den Rest. Man sehnte sich fast mehr nach Landstrom für die bordeigene Klimaanlage als nach einem gut stehenden Groß! Trotzdem wollten wir dem Geist der Regatta und des Ersatztörns treu bleiben und planten somit eine ambitionierte Nachtfahrt: Ein Teilnehmer wusste, dass seit Wochen der Vulkan Stromboli ausbrach. Den einmal bei Nacht sehen, ausbrechend, das wäre doch ein Ziel? Gesagt, getan. Wir setzten wenige Minuten nach Ende des Regattastarts Kurs Richtung Stromboli. Ziel: Noch während der Dunkelheit dort sein, damit der Ausbruch auch gut zu sehen ist.
Das gelang uns auch, gegen 0230 lagen wir ca. 2sm im Luv des Vulkans. Die ruhende Wache wurde geweckt, und wir beobachteten knappe 2 Stunden den Ausbruch. Meist unspektakulär, von einzelnen größeren Fontänen und einem "echten" und lauten Ausbruch abgesehen. Gefährlich war es nie - zumindest nicht wegen des Vulkans! Während des Beiliegens überraschten uns ein paar Regenfronten mit starkem Wind. Merke: Wer im Luv eines Vulkans liegt, um der Asche und Gerüchen zu entgehen, sollte sich bei zunehmendem Wind rechtzeitig von der Insel freisegeln.
Mit Anbruch der Dämmerung waren wir auf dem Rückweg. Von Wassertank 1 musste schon auf Tank 2 umgestellt werden, der uns aber nur gelbes Wasser (farblich vergleichbar mit verdünntem Orangensaft) spendete. Es sollte also ein Hafen angelaufen werden um neues Wasser aufzunehmen, einmal die Klimaanlage zu genießen, Wasserflaschen zu kaufen und zuguterletzt nicht mehr weit von Palermo entfernt zu sein. Die Wettervorhersage prophezeite uns schwache Winde gegen Ende der Woche.
Die Wahl fiel auf den Hafen von Cefalu, der sich vor Ort leider eher als Kleinbootshafen herausstellte. An der Pier, an der auch größere Yachten lagen, gab es keine Wasseranschlüsse - wir ankerten also im Vorhafenbecken und kochten Kaffee mit Flaschenwasser - die 2 Tagen halten wir es auch mit gelbem Wasser aus.
Am Donnerstag wurde uns bewusst, was es heißt ohne Leichtwindgennaker eine moderne Charteryacht zu segeln: Bewegen möchte die sich dann nämlich eher nicht mehr. Teils unter Segel, teils unter Motor fuhren wir zunächst zur Bucht vor Bandita, in der Hoffnung mit dem Dingy dort noch Wasser an der Strandpromenade kaufen zu können. Dort angekommen verließ uns die Lust, das Dingy zu Wasser zu lassen, zumal der Ankerplatz unschön war und wir gerne bei Tageslicht an einem schöneren Ort (vor Aspra) geankert hätten. Also rechneten wir uns die Flaschenwasserbestände noch einmal gründlich schön und liefen den schöneren Ankerplatz an.
Schon Donnerstag Abend stellten wir beim Schwimmen im nicht-erfrischend warmen Wasser fest, dass der Anker sich äußerst sicher in einer Felsspalte verkantet hatte, entsprechend früh wurde der erste Aufbruchsversuch am Freitag gestartet. Dieser schlug zu Ungunsten der Ankerwinsch fehl, normales Anker heben ging nicht. Begleitet wurde dieses Manöver von einem sehr interessierten Taucher, der unser Boot in 50m Entferung umkreise - ob die Einwohner so etwas wohl wöchentlich sehen und sich ein Geschäft daraus machen? Da wir die Lage des Ankers kannten, versuchten wir als nächstes, etwas Kette zu geben und die Yacht im 90-Grad-Winkel zur Ankerlage rückwärts zu bewegen, in der Hoffnung, dass wir den Anker seitlich aus der Spalte herausdrehen und anschließend schnell aufholen können. Unter lautstarkem Protest der Ankerwinsch (die war ohnehin schon eher kaputt) ruckten wir so den Anker frei und holten ihn schnell auf - irgendwie doch leichter als erwartet!
Ohne Wind motorten wir so erstmal näher an Palermo heran, und machten bei seichtem Sandstrand nochmal einen kurzen Stopp um auf die Einfahrt in den Hafen zu warten. Wenige Stunden später ging mit der Rückgabe des Bootes dieser einwöchige Ersatztörn zu Ende. Fazit: Wir haben viel gesehen und das Beste daraus gemacht - das, was wir uns unter "Regattatraining und -viewing Palermo" vorgestellt haben, war es aber sicher nicht. Mit einem gemeinsamen Zwischenstopp zu viert in Neapel traten wir so die Rückreise an - und hoffen, irgendwann doch noch mit askew das Palermo-Montecarlo Race mitsegeln zu können.