Hyeres – Proquerolles – Port Miou – Frioul – Port-Saint-Louis-de-Rhone
 

Am WSFE-See ist die Idee geboren, das sterile Büro gegen die askew zu tauschen. Philip, der Projekt-Champion des letzten Jahres, war es, der die Idee auf die Füße gestellt und daraus das Pilot-Projekt “Boat-Office” kreiert hat. Auch dieser Lückentörn im askew-Kalender war schnell ausbebucht. Mit dabei bei diesem gewagten Selbstversuch: Philip, Andreas, Christian, Arnold und Claudius. Es gilt die Frage zu beantworten, Boat-Office = Arbeiten auf einer kleinen Yacht der askew-Klasse - geht das? Die kurze Antwort: Ja, sehr gut!

Wir brechen am Vorabend mit zwei Stadtmobilwagen, für uns und die Vor-Crew, in Karlsruhe auf. Trotz der sorgfältigen Wahl der Modelle, ist unser großer Organisator und Skipper nicht hundertprozentig zufrieden: Fahrassisistenzsysteme Fehlanzeige, der Merzedesbus dazu ein sehr schäbiger Monteurbus. Das nächste Problem zeigt sich recht schnell, 3,5 Fahrer sind für zwei Wagen viel zu wenig. Die Fahrt durch die Nacht gerät so zur Qual. Gerädert kommen wir in Hyères an, aber wir kommen an! Der Sonntagvormittag startet arbeitssam: Zugang für die Wagen zum Hafen organisieren, Lebensmittel einkaufen und die Gasflasche tauschen, Gepäck an Board verstauen. Unser Staumeister entwickelt ein ausgeklügeltes System, so dass erstens alle unsere Vorräte in den Schapps Platz finden und zweitens wir sie später auch mit einem gezielten Griff wieder finden. Schließlich muss noch das grell-rote Sturmsegel gegen die reguläre Genua getauscht werden - nicht zuletzt, um der Küstenwache keinen Anlass zu geben, die A1-Zertifikate für Arbeitsnomaden in der EU zu prüfen!

Wir schnaufen durch, unser Wagen ist bereits auf dem Weg nach Port Napoléon, die Mole ist von einem riesigen Gepäckberg aus Taschen, Lebensmittel, Klapprad, Solarzellen usw. befreit. Wir sehen (noch) wie ein ganz normaler Urlaubstörn aus und unser Skipper fühlt sich nicht mehr genötigt, allen Passanten zu erklären, dass wir normalerweise nicht so viel dabei haben. Gefühlt könnten wir auch zwei oder drei Wochen autark auf der askew herumschippern. Dann wird es Zeit, sich um den morgigen Arbeitstag Gedanken zu machen. Klar ist, dass wir auf keinen Fall in Hyères bleiben wollen. Der Blick ist nicht brilliant, die Bademöglichkeiten begrenzt, die Toiletten sind wenig anheimelnd und eine Tagesreise um das gesamte Hafenbecken entfernt. Nicht immer kann man sich auf einen netten Transfer Hafen-Schlauchbooten verlassen. Bei angenehmem Segelwind brechen wir nach Porquerolles auf. Wir finden einen schönen Platz in der Bucht vor dem Plage de la Courtade. Der Blick und später der Sonnenuntergang sind traumhaft, das Wasser herrlich. Deutschland fertigt sie Schweiz mit 1:1 ab, wir nehmen es als ersten Test der zu erwartenden Internetverbindung in unserem neuen Büro. Mit ein paar Snackburgern und mediterranem Vorspeisen lässt sich jedes Spiel ertragen.

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Sonnenuntergang vor Porquerolles

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Ein wolkenverhangener Himmel kann auch positiv auf das Gemüt wirken - Deutschland – Frankreich 0:1

Montag morgens, der Himmel ist grau, und wir sind voller Tatendrang. Zügig ist die askew in ein modernes Open-Space-Office mit sechs großzügigen Arbeitsplätzen umgebaut. Arbeitsplatz 1 befindet sich in der Bug-Kabine mit Betttisch und der zentralen Stromversorgung für die Woche. Zwei Solarzellen liegen auf dem Vorschiff und versorgen Boot und Manschaft während der regulären Arbeitszeit mit ca. 1000 Wh pro Tag. Über 12V-USB-C PD Ladeadapter werden die Notebooks, Telefone und Sonstiges problemlos versorgt, wobei ca. die Hälfte unseres solaren Ertrages in die Rechner geht, der Rest sorgt für kühle Getränke nach Dienstschluss. Arbeitsplatz 2+3 befinden sich am Salontisch, die Stromversorgung kommt ebenfalls aus der Bug-Kabine. An Arbeitplatz 2 geht es schnell sehr geschäftig zu, eine Telko jagt die nächste, Platz 3 wird mehr als Ausweichplatz zur Ortsveränderung, bzw. zum Schnellladen verwendet. Drei weitere Arbeitsplätze 4-6 befinden sich an Deck. Das Cockpitzelt sorgt für Sonnenschutz bei exzellenter Belüftung. Die Stromversorgung kommt hier aus der Bordbatterie, wieder mit einem 65W 12V-USB PD Adapter und 5m USB-Kabel. Mit fünf parallelen LTE-Leitungen ist die Interverbindung deutlich besser als beispielsweise im ICE, schlägt aber wahrscheinlich auch einige stationäre Büroräume in Deutschland mit beklagenswerter Aussicht (siehe Bild).  Die Stromversorgung wird in den ersten Tagen gründlich überwacht. Sowohl Solarregler mitsamt Lastausgang und auch die Bordbatterie lassen sich über Bluetooth ansprechen, so dass man seinen Arbeitsplatz bestenfalls zur Korrekur der Lage der Solarmodule verlassen muss.

Für das Boat-Office als ersten Pilotversuch konnte ein handverlesenes Team gewonnen werden. Um die Arbeitsfähigkeit zu testen, wurde auf ein breites Qualifikationsspektrum mit hohem Nerd-Anteil geachtet: Master-Student, Doktorand, IT-Experte und Koordinator, Wirtschaftsingenier bei einem großen deutsche Schienenverkehrsbertrieb und leitender Angestellter in einem Forschungslabor. Gute Erfahrungen haben wir mit einem weitgehend synchronisierten Arbeitsmodus gemacht. Der Rahmenzeitplan sieht vor: 7:45 Kaffee und ggf. ein kleines Müsli je nach Geschmack, 8:00 Arbeitsbeginn, 13:00 Mittagssnack, 15:00 Ende der Kernarbeitszeit. Je nach Terminlage gegen 17:00 Verlegung in die nächste Bucht, Anleger und 20:00 Abendessen. Generell kann man sagen, das sich Häfen nur bedingt für den Office eignen, da der Hafen am nächsten Tag in der Regel nicht lang genug genutzt werden kann, ohne eine eine zweite Nacht bezahlen zu müssen. Wirkliche Ruhe zum Arbeiten und konzentrationsfördernde Schwimmpausen hat man nur in einer Bucht.

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Arbeiten am Rechner

Bereits nach dem ersten Arbeitstag sind wir euphorisch und berichten uns gegenseitig von unseren Erfahrungen mit dem neuen Arbeitsalltag. Unisono wird festgestellt, dass das Boot-Office soviel produktiver ist. Und auch die Dichte an gute Ideen hier höher zu sein scheint. Übermütig vom Arbeitserfolg legen wir unter Segeln ab, doch der Wind schläft schnell ein. Das wirft die Frage auf, ob man die Arbeitszeit aufteilen sollte um während der besten Seewindzeit segeln zu können. Ohne die Frage wirklich beantworten zu müssen, haben wir an allen folgenden Tage zunehmenden Wind bis in die Abendstunden. Wir fahren in die nächste Bucht auf die Rückseite von Hyères vor La Madrague. Wollten wir ursprünglich vor den ersten Felsen Anker werfen, treibt uns doch das hohe Aufkommen an ankernden Yachten und der mäßig haltende Untergrund immer weiter nach Osten. Wir sind in einem Urlaubsgebiet angekommen. Während wir in der Bucht arbeiten umkreisen uns foilende Surfer und Wasserski-Fahrer, ohne jedoch unsere Konzentration zu beeinträchtigen. Nach der Arbeit am zweiten Tag erfolgt ein verhältnismäßig langer Schlag hinter die Île de la Tour Fondue um den Bereich um Toulon zu umgehen. Wieder gestaltet sich die Suche nach einem geeigneten Ankerplatz schwierig. Wir landen schließlich nah am Port du Brusc. Überrascht stellen wir am nächsten Tag fest, mit welch hoher Frequenz ein Fährbetrieb mit nur zwei physisch vorhandenen Fähren möglich ist. Mehrmals stündlich werden wir ordentlich verschaukelt. Nach getaner Arbeit verlegen wir wieder unseren Arbeitsplatz und segeln in Richtung Île Verte, einem schönen Felsen vor La Ciotat. Tagestouristen kommen mit ihren Motorbooten herüber. Im Sommer scheint es auch eine hübsche Bar zu geben. Wir fahren einmal an der Insel vorbei, finden aber keinen geeigneten Ankerplatz. Vor der Insel fällt das Meer steil ab und an den wenigen guten Stellen lagern schon andere Boote. Wir schauen uns noch die beiden Buchten von dem Cap de l’Aigle an, doch auch hier werden wir nicht fündig. Der ganze flachere Teil ist als Badebereich abgesperrt. Für den neuen Trend “Boat-Office”, also ausgemachten Spätankömmlingen in der Bucht, sollte es reservierte Ankerplätze geben. Wir landen schliesslich vor dem Strand von La Ciotat, was sich als eine gute Wahl herausstellt. Wir genießen die Abendsonne, und mit den Solarpanelen auf dem Cockpit-Zelt erzielen wir spielend 120-140 W für die Bordbatterie. Unterwegs überholt uns die Nebula, ein Ungetüm von Boot und Versorgungsdampfer für die Yachten der Superreichen, auf dem Weg in die Werft. Von unserem Ankerplatz sind Werft und Boot gut zu erkennen. Wir fragen uns, ob nicht die askew ein gutes Material- und Personallager für eine potentiell neue Carbon-askew wäre?

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Ankern vor La Ciotat

Nach 4 Tagen ununterbrochen auf See schicken wir ein Explorationsteam an Land. Vermisst haben wir den Auslauf nicht – mit welchen Arbeitskollegen kann man sich 4 Tage auf 25 m2 vorstellen? Doch die Gelegenheit ist hier günstig, um französische Backwaren zu erstehen. Wir liegen relativ nah am Ufer, und eine exzellente Bäckerei liegt nur einige hundert Meter entfernt. Beschwingt von der Aussicht auf ein Mikroabenteuer steigen wir mit einem Baguette-fähigen Seesack ins Wasser und sind pünktlich zum Arbeitsbeginn mit Croissants, Pain au Chocolat und dem französischen Stangenweißbrot wieder an Bord. Und es bleibt aufregend: Kaum sitzen wir an unseren Rechnern kommt die Wasser-Security von La Ciotat vorbei und klappert alle Boote ab. Die, die nicht in der mit Bojen abgesteckten Reede liegen, werden außerordentlich höflich des Platzes verwiesen. Eine gute Gelegenheit, weitere Ankererfahrung in Punkto Augenmaß zu sammeln. Nach Feierabend wartet der nun landschaftlich schönste Teil der Tour mit unzähligen tief eingeschnittenen Fjorden, hier Calanques genannt auf uns. Unser Schöngeist besteht darauf, nah an der Küste zu segeln, um jede einzelne dieser Buchten vom Wasser aus in Augenschein nehmen zu können. Für unseren letzten Arbeitstag in der Pilotwoche entscheiden wir uns für die Calanque de Port-Miou. Auf die penetranten Funkanfragen unseres Skippers kommt der Hafenchef höchstpersönlich mit seinem Motorboot raus und weist uns einen Platz im Bojenfeld zu. Wir beobachten später, dass hier wohl sonst Selfservice üblich ist. Das nun erforderliche Manöver ist anders, als die bislang notwendigen. Der Mann im Motorboot scheint eine gewisse Unsicherheit auf dem Boot zu erspüren und mahnt uns zur Ruhe. Im aller Seelenruhe kreist er um unser Schiff, lässt sich die Leinen angeben, wickelt sie um die Bojen und gibt sie zurück an Bord. Wir brauchen noch eine Weile die askew zwischen den beiden Bojen zu justieren und holen dann für den ersten gemeinsamen Team-Ausflug das Dinghi aus den Tiefen des Bootes. Es wird schnell klar, dass wir das Dinghi nur dieses eine Mal im Hafen aufbauen werden. Sein Motor versagt die Mitarbeit und so lassen wir ihn hängen und paddeln in kunstvollen Schleifen zur Kapitänerie. Den arbeitsamen Tag über sind wir nicht dazu gekommen das Baguette zu essen. Hatte der Koch bislang das Team mit zwei warmen Mahlzeiten zu Höchstleistungen angetrieben, so weigerte sich die Crew diesmal noch einmal warm zu essen. Unser emsiger Koch musste sich damit begnügen, nur ein kleines Picknick zusammen zu stellen. War in Unkenntnis am Vorabend bereits der Kochwein geleert worden, gab es nun eine Flasche von dem guten Roten zu Brot, Käse und Pâté, und natürlich einer Packung Chips, die bei keinem mediterranen Picknick fehlen darf. Wir folgen den Pfaden am Rand der Calanque und drapieren schliesslich die Lichterkette auf einen Busch und sorgen so für stimmungsvolle Beleuchtung nach einem ebenso stimmungsvollen Sonnenuntergang.

Die Szenerie in der Calanque ist fantastisch. Nur so einsam, wie in den vorigen Buchten ist es nicht. Links und rechts krabbeln Ausflügler über die Felsen. Wir erwägen kurz ein Schild „Bitte nicht füttern - ASK im Selbstversuch Boat-Office” anzubringen. Die ersten Gäste sind allerdings überraschend. Eine Kompanie hat direkt gegenüber unseres Liegeplatzes Stellung bezogen. Die Hundertschaft wartet auf der Klippe, bis unten der Parcour gerichtet ist. Dann geht es im Gänsemarsch zur Absprungstelle. Ab dann platscht es im 5 Minutentakt. Man sieht ihnen trotz ihre militärischen Ausbildung an, dass der Sprung aus ca. 10 m Überwindung kostet. Am Nachmittag kommen die Einheimischen, und springen locker von der doppelten Höhe. Glücklicherweise müssen unsere tapferen Krieger diese Schmach nicht mehr erleben. Der letzte Feierabend naht und damit das Ende der Woche Boat-Office. Es ist nahezu etwas traurig. Fakt ist aber, dass wir sehr euphorisch in See stechen während unser IT-ler unter Deck noch die letzten Telefonate abwickelt. Wir haben wieder schönen Wind von knapp über 10 kn. Den wieder unter touristischen Kriterien angestrebten Küstenkurs können wir nicht halten und wir passieren schliesslich die äußere Insel Île Riou, eine ziehmlich einsame Vogelinsel. Der Name wird ihrer Schönheit nicht gerecht und so taufen wir sie Sütterlin-Eiland. Die Crew entscheidet geschlossen hier, ausserhalb der Grenzen der Zivilisation zu bleiben. Der Skipper schwitzt und konsulitert das Navigations-iPad. Dank des ausgiebigen Ankerstudiums gelingt es uns, den Anker fachgerecht im Sand zu platzieren. Wir beobachten während des Anlegers und Wochenend-Happy-hour-Getränkes die Lage des Bootes und beschliessen dann einen Spaziergang auf dem Sütterlin-Atoll zu unternehmen. Wir packen unsere Wanderschuhe und T-Shirts in den formals als Baguette-Transporter fungierenden Seesack und springen ins Wasser. Der letzte Boat-Officer erscheint die Planung der Aktion verpasst zu haben, und schaut sich irritiert um: „Wo ist denn das Dinghi?“. Dann folgt er uns fluchend, und schimpft, er haben schon viel zu viel Wasser getrunken. Die Insel begrüßt uns mit traumhaften Sandstrand. Die Wandermöglichkeiten dagegen sind begrenzt. Von den möglichen zwei Optionen entscheiden wir uns für die Kletterpartie zum Kamm. Der Rest der Insel wird von den zahlreichen Möwen bebrütet und verteidigt. Wir passieren zunächt den lokalen Vogelfriedhof. Es scheint deutlich weniger Aasfresser auf der Insel zu geben, als gestorben wird. Als Möve auf dem Süttelin-Atoll wiedergeboren zu werden, ist eher ein hartes Los. Für den Sonnenuntergang kommt ein Jüngling mit Skipper und drei Amazonen herüber. Wenig überraschend sind sie mit ihren Cocktails und Selfies beschäftigt und haben keinen Blick für uns, die, die wir uns schon als die rechtmäßigen Ureinwohner und Namersgeber dieser Insel fühlen. In den gemütlichen Teil des Abends platzt ein weiterer Segler mit seinem Ankermanöver. Er hat deulich mehr Kette an Bord und legt diese zwischen uns und unsere Insel. Hätte mich vorher jemand gefragt, ich hätte behauptet, dort würde kein Boot mehr rein passen. Vor allem nicht bei der erwarteten Windstärke.

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Der Sütterlin-Felsen

Ein ganzes Segelwochenende liegt vor uns. Der angesagt starke Ostwind ist da. Wir legen ab und fahren mit 8-9 kn vor dem Wind mit 20+ kn. Die Segel sind so klein, wie sie nur können. Nach einer Halse geht es mit Wellen von der anderen Seite weiter. Wir messen die Wellenhöhe und kommen auf 2-3 m bei den großen Wellen.

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Barometrische Messung der Wellenhöhe im schwimmenden Büro

Wir umrunden die Île de Ratonneau vor Marseile. Insbesondere zwischen Insel und Festland frischt der Wind noch etwas auf und der ein oder andere wünscht sich, noch etwas mehr Segelfläche rausnehmen zu können. Hinter der Insel beruhigen sich Seegang und Wind. Wir enscheiden uns gegen eine weitere Inselumrundung und suchen uns einen Platz in der Calanque de Morgiret. Wieder schwimmen wir an Land. Dieses mal mit der leeren Gasflasche im Gepäck. Aber die Insel vor Marseille bietet viel, vor allem Bars und Restaurants an der Hafenkante,  jedoch nur einen notdürftigen Laden ohne Gasangebot. Das Wasser im Hafenbecken ist aufgewühlt. Wir sind ganz froh, auf der anderen Seite zu liegen. Auf dem Nachbarboot werden die Möbel auf das Deck gestellt und das E-Piano kommt raus. Im Cockpit wird gegrillt. Es scheint, als steige eine launige Geburtstagsparty mit der Großfamilie an Bord.

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Wochenende auf dem Wasser

Für den letzten Schlag lichten wir bereits um kurz nach sieben den Anker, um auch bei potentiell mäßigen Windverhältnissen früh genug in Port Napoléon anzukommen und die Liste des Schifferrates abarbeiten zu können. Der Wind ist wie erwartet auf West gedreht und damit gegen uns. Wir fahren einen weiten Schlag aus der Bucht, um dann hinter dem VTG wieder reinzukreuzen. Die Welle ist kurz und das Boot knallt immer wieder in die Wellen. Der Wind kommt zwar aus der falschen Richtung, aber ist viel stärker als vorhergesagt. Es ist Sonntag und das gesamte Meer um uns herum völlig leergefegt. Anders als im östlichen Küstenstreifen scheinen hier weniger Segler mit den ebenfalls völlig ausgestorbenen VTG zu konkurrieren. In der Anfahrt auf den Golf de Fos frischt der Wind auf und wir entschliessen uns doch noch einzureffen. Aus dem Reffen wird ein Beiliegen und dann hören wir schon den Funkstruch: „askew, askew, askew ...“. Der Skipper übergibt aufgeschreckt das Ruder und versichert, das VTG unverzüglich zu verlassen. Es ist zwar alles leer, aber unsere Reffversuche waren dann doch einer zu viel. Gerne haben wir der Verkehrsüberwachung den langweiligen Sonntag verkürzt.

Der lange Weg durch den Golf de Fos ist die letzte Gelegenheit, einen kleinen Snack zu erwärmen. Wir verlängern die Aioli-Nudeln mit einer etwas an Chili-con-Carne angelehnte Soße. Später wird unser Skipper feststellen, dass  die SSS-Schulungsunterlagen dringend ergänzt werden müssen: Beim Fahren im schweren Wetter – und beim Boat-Office – muss das Kochen auf Warmmachen reduziert werden. Durch das intensive Erwärmen im Boat-Office werden aus den geplanten 5 Abendessen locker die doppelte Zahl an warmen Mahlzeiten.

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Kulinarische Sicht auf das Boat-Office

Wir gleiten auf dem engen Fahrwasser in Richtung Zielhafen. Links und rechts wird keine 100 m vom Fahrwasser geangelt und gebadet. Eine Muscheln suchende barbusige Sirene versucht unseren Koch zu sich zu ziehen. Nur mit Mühe kann er von einem Sprung ins Wasser vom Staumeister gehindert werden. Gegen Mittag erreichen wir den Liegeplatz, schlagen die Segel ab und falten alles feinsäuberlich zusammen und bauen den Open-Space-Office wieder zurück. Die Arbeit geht flüssig von der Hand und so können wir auch noch einem weltenbummelnden amerikanischen Entrepreneur in seinen Mast verhelfen. Am frühen Montag morgen hat die askew dann ihren Termin mit dem Kran. Wir versorgen uns mit Hilfe des Bordrades mit frischen Backwaren, und dann kommt das Boot auch schon an den Haken. Wehmütig tuckern wir auf einem Boot ohne Segel zum Kran. Es ist ein Trauerspiel, dass die askew nun an Land rumsteht, während draußen bester Segelwind bläst.

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Datum: 23.06.24 - 30.06.24
Revier: Cote d azur
Boot: askew
Crewstärke: 5
Starthafen: Hyeres
Zielhafen: Port-Saint-Louis-de-Rhone
Projektleiter: Philip Höbler
Bericht: Andreas Kopmann