Der Solent ist ein wunderschönes und zugleich anspruchsvolles Segelrevier. Hier konnten wir 4 Meter Tidenhub und 5kn Strömung erleben. Beschauliche Naturhäfen und Ankerplätze runden das Revier abends ab. Es wird von vielen Segelbooten befahren und ist neben Events wie der Cowes Week auch für die RYA Yachtmaster Ausbildung interessant. Die großen Häfen werden auch von Containerschiffen genutzt und an vielen Stellen ist die Geschichte des Landes zB in Form von Schlössern oder Festungen präsent. Im Solent kommt also alles zusammen.
Einfach hinfahren konnten wir leider nicht, durch Corona hat sich unser Start um 1,5 Jahre verzögert, so wurde es aus Ostern 2020, Oktober 2021. Schließlich haben wir es doch geschafft. Da wir etwas früher in UK ankamen, schauten wir uns Portsmouth an. Dort liegt das Panzerschiff „HMS Warrior“, mit einem 4.5Zoll dicken Stahlrumpf, Dampfmaschine und 4500qm Segelfläche. Der Eintritt in das Museum war uns aber doch zu teuer, daher holten wir uns erstmal eine Portion Fish and Chips. Im Hafen angekommen stellten wir dann fest, dass unser Boot aufgrund des niedrigen Wasserpegels schon im Schlick steckte. Und das, obwohl wir noch ein paar Stunden vor Niedrigwasser waren. So waren wir bereits vor dem ersten Schlag gezwungen uns mit den Gezeiten auseinander zu setzen, um zu berechnen, wann wir ablegen könnten.
Als unser Boot morgens wieder Wasser unterm Kiel hatte, konnten wir los. Die Strömung war stark und wir konnten neben den üblichen Anlegemanövern auch direkt Ferry gliding üben. Abends mussten wir die Abstriche machen, da UK von allen Touristen am 2. Tag nach der Anreise einen PCR Test verlangt, was per Post, bzw. per Royal Mail, an das Labor gesendet wird . Somit wurde es für uns ein Törn mit Abstrichen. Danach wurden die Skipper in charge für den nächsten Tag festgelegt. Jede Teilstrecke wurde unterteilt in Pilotage und Navigation. Bei der Pilotage steuerte der Skipper selbst in den Hafen oder an den Bojen- oder Ankerplatz an. Für die Strecke dazwischen musste immer wieder die Position bestimmt und der Kurs entsprechend angepasst werden (=Navigation). Wir verzichteten komplett auf elektronische Unterstützung. Mit Karte, Fernglas, Peilkompass und Navigationsbesteck ging es daher am Sonntag von Hamble River (1) über Newton Creek nach Poole Harbour (3). Auf dem Weg passierten wir Needles – eine Engstelle mit starker Strömung und trockenfallenden Sandbänken. Im Sonnenuntergang ging es an der Felsküste vorbei in den Naturhafen Poole Harbour. Die Navigation bei Nacht war eine beeindruckende Erfahrung.
Montag hangelten wir uns an den Landmarken entlang zurück durch Needles nach Yarmouth. Den aufgefrischten Wind konnten wir für praxisnahe MOB Manöver nutzen. Später kämpften wir uns gegen die Strömung nach Lymington (4). Am Dienstag segelten wir in den Beaulieu River. Ich kann kein Französisch, aber Beaulieu heißt bestimmt „wunderschön“ oder so – auf jeden Fall war es eine malerische Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Nach einer Mittagspause an der Boje ging es Richtung Chichester Harbour (5), wo wir ankerten. Auf dem Weg kamen wir an alten Festungsanlagen gegen Napoleon mitten im Fahrwasser vorbei. Obwohl wir weit weg vom Land waren, mussten wir immer die Wassertiefe im Auge behalten.
Am Mittwoch ging es nach Portsmouth (6), dort legten wir unter Segel an Bojen an, segelten bei einem alten Schloss vorbei und lagen schließlich gegenüber des Flugzeugträgers in der Marina. Warum ein Flugzeugträger überhaupt Begleitboote benötigt, wurde bei etwas Wein ausführlich erörtert.
Nach einem englischen Frühstück ging es Donnerstag weiter mit dem Segeltraining. Mit Karte und unter Berücksichtigung der Gezeiten steuerten wir zur Mittagspause einen Ankerplatz in der Nähe des Wootton Creek an. Die ohne elektronische Unterstützung angesteuerte Position stimmte fast genau mit der geforderten GPS-Position überein. Nach ein paar weiteren Übungsmanövern liefen abends in Cowes (7) ein. Dort gab es neben Bierchen auch Whiskey von einem spendierfreudigen Engländer. Der nächste Tag war dementsprechend etwas ruhiger. Wir mussten aber ohnehin unser Boot pünktlich um 11:00 abgeben und die lange Heimreise antreten.
Fazit:
Wir haben in dieser Woche ein fantastisches Segelrevier kennengelernt. Alles was man aus der Theorie kennt, findet man hier in Realität. Der Solent ist wirklich sehr zu empfehlen und man kommt ohne Elektronik weiter als man denkt.
Lessons learned:
- Wenn man ernsthaft mit Strömung navigieren will, lohnt es sich die Strömungspfeile schon vorab entsprechend dem zeitlichen Verlauf in die Karte einzutragen.
- Im Reeds steht das Meiste drin was man benötigt.
- Einzelne Bojen können sich ändern, eine aktuelle Karte schadet also nicht.
- Bei 0.0 unter Kiel sollte man vorsichtig nach tieferen Stellen suchen.