Mittwoch vor Ostern
Pünktlich um 09.00 Uhr starten wir wie geplant ab Karlsruhe. Nach zwei kurzen Zwischenstops in Bruchsal zum Spargeleinkauf und in Wiesloch zur Aufnahme eines Crewmitglieds geht es zügig nach Norden. Die Autobahnen sind halbwegs frei und wir kommen gut voran. In Hamburg machen wir einen letzten Zwischenstopp, um letzte Teile des Bootes (Spi, Leinen, Schäkel, etc.) vom Voreigner abzuholen und ins Auto zu packen. Gegen 19.00 Uhr erreichen wir unsere Ferienwohnung in Flensburg, die unsere Erwartungen voll erfüllt. Tolle offene Küche mit großzügigem Wohnzimmer, 3 große Schlafzimmer, 2 Bäder, Sauna. Alles, was 9 Segler bei arktischen Verhältnissen auf der Ostsee brauchen. Nach 5 Minuten haben auch alle WLAN und sind glücklich. Um 20.00 Uhr holen wir Thomas vom Bahnhof ab, damit ist die Crew vollständig. Wir kochen den aus Bruchsal mitgebrachten Spargel, dazu gibt’s ca. 50 Pfannkuchen und Schinken. Kulinarisch beginnt das Ganze schon mal top. Zum Essen stößt dann auch noch Fabian, der Bootsbauer, der EINSTEIN über Winter gewartet hat, zu uns. Gemeinsam besprechen wir die weitere Vorgehensweise.
Donnerstag (Gründonnerstag)
Um 10.00 Uhr treffen wir uns mit Fabian und fahren erstmals zu unserem Boot.
„EINSTEIN“ trägt noch den Namen „Nikita“ auf dem Spiegel und steht auf dem Trailer vor einer Motorenwerkstatt. Dort wurde der Motor über den Winter vollständig überholt.
Wir beginnen sofort mit dem vorbereiteten Arbeitsprogramm: Photographische Dokumentation des Bootes für die Versicherung, Anbringung des Schiffsnamens, Vermessung diverser Ausrüstungsgegenstände an Bord, Dokumentation der genauen Position und Ladungssicherung auf dem Trailer. Parallel dazu sortieren wir 2 Curver-Boxen Leinen. Leider fehlt hier die Dokumentation und wir brauchen einige Zeit, bis die Zuordnung passt.
Am frühen Nachmittag fährt Fabian den Trailer zum Hafen (Sonwik). Jetzt wird die Befestigung des Mastes auf dem Boot dokumentiert und anschließend der Mast vom Boot geholt. Die drei Fallen und der Toppnant werden eingezogen (Sorgeleinen in der Farbe der entsprechenden Fallen waren glücklicherweise vorhanden) und die Windmessinstrumente am Masttopp werden angebracht. Damit ist der Mast vorbereitet.
Dann wird der Rumpf an den Kran gehängt und vorsichtig unter erfahrener Anleitung des nordischen Hafenmeisters zu Wasser gelassen. Erstes Erfolgserlebnis: "EINSTEIN schwimmt!"
Danach kommt der Mast an den Kran und das Boot wird aufgeriggt.
Natürlich kommt die obligatorische Goldmünze um Glück zu bringen mit Kopf nach oben unter den Mastfuß.
Nachdem die Gummidichtung in den Mastfuß gesteckt, Vorstag und Wanten angeschlagen sind steht der Mast erstmal stabil. Bei all diesen Tätigkeiten haben wir uns viel Zeit gelassen, um alles so gut wie möglich zu dokumentieren. (Beim nächsten Mal ist Fabian ja nicht mehr dabei). Ziel ist, EINSTEIN für zukünftige Events in ca. 2 Stunden vom Trailer segelfertig ins Wasser zu bringen.
Danach bringen wir das Boot unter Motor an seinen Liegeplatz, wo es die nächsten 4 Wochen verbleiben wird. Schon bei dieser Jungfernfahrt stellen wir fest, dass sich die Manövrierfähigkeit des Bootes stark vom klassischen Fahrtenboot unterscheidet. Zum einen ist der Motor sehr schwach, d.h. Aufstoppen und Beschleunigen braucht ungewöhnlich viel Zeit, zum zweiten sitzt die Schraube weit vor dem Ruder und strahlt dieses somit kaum an. Das Boot reagiert folglich auf Ruderausschläge nur bei Fahrt durchs Wasser. Uns wird klar: EINSTEIN ist für kompromissloses Segeln gebaut.
Auf dem Liegeplatz angekommen geht die Arbeit weiter: Leinen einziehen, Segel von Bord bringen und klarieren, das Übliche halt. Da die ursprüngliche Dokumentation der Leinen kaum dokumentiert ist, geht diesmal 'probieren' über 'studieren'. Obwohl die ursprünglichen Top-Segel nicht mehr an Bord sind, da sie vorab verkauft wurden, sind wir begeistert von der Qualität der noch vorhandenen Segelgarderobe.
Gegen 18.00 Uhr fahren wir in unsere Ferienwohnung zurück, die lausige Kälte hat uns allen zugesetzt. Ein Teil der Crew nutzt deshalb schon mal die Sauna um sich aufzuwärmen. Parallel dazu wird Labskaus (mit gepökelter Rinderbrust, kein Corned Beef!) zubereitet. Später kommt noch Fabian dazu und wir besprechen den Ablauf für den nächsten Tag.
Freitag (Karfreitag)
Dummerweise hatte der Donnerstag wieder nur 24 Stunden, so dass EINSTEIN noch nicht ganz segelfertig geworden ist. Am Vormittag erledigen wir die restlichen Arbeiten. Ein paar Leinen sind noch nicht an der richtigen Position und das Rigg ist noch nicht gespannt. Dabei erfordern insbesondere die doppelte Talje in der Großschot und die Führung des Baumniederholders etwas Kreativität. Am Ende ist jede Leine, jeder Block und jeder Schäkel dort, wo er hingehört.
Wir fahren kurz nach Hause, essen eine Kleinigkeit und dann geht's rein ins Ölzeug (mit bis zu 5 Layern). Am Hafen treffen wir dann Jan, den ehemaligen Eigner des Bootes, und zusammen mit ihm und Fabian starten wir zur Jungfernfahrt unter Segeln. Wind ist super, 12-15 kn und wir probieren schon diverse Manöver. Jan gibt uns auch gleich Tips über einige prinzipielle Dinge bzgl. des Handlings.
Da EINSTEIN bei fast gleicher Segelfläche weniger als die Hälfte der A35 Jacana wiegt, will er auch anders behandelt werden. Hier gibt‘s noch viel zu lernen. Schnell wird klar, dass die Toleranz bzgl. Windeinfall und entsprechender Segelstellung sehr gering ist. Einstein segelt nur schnell, wenn alles passt. Dann aber richtig schnell und beinahe ohne Ruderausschlag. Wenn aber eine Kleinigkeit - und sei sie auch noch so klein - nicht passt, läuft's überhaupt nicht.
Nach drei Stunden gemütlichen Segelns, Wenden und Halsen kommt die erste Herausforderung: Das Fallenschloss am Großsegel geht nicht auf. Trotz Jan's Kenntnissen und Ratschlägen will das Teil einfach nicht öffnen. Jan telefoniert dann noch mit seiner Pitfrau und gibt weitere Tips. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht das Teil dann irgendwie doch auf. Wir bergen das Groß und fahren in den Hafen zurück. Bis auf die Aktion mit dem Fallenschloss hat alles ganz gut geklappt und wir sind zufrieden.
Zuhause angekommen wird Abendessen bereitet, Hähnchencurry mit Nudeln. Natürlich kommt Fabian wieder und wir diskutieren das am Tag Erlebte und Gelernte kritisch bis spät in die Nacht.
Samstag (Karsamstag)
Gegen 10.00 Uhr fahren wir zum Hafen und checken als Erstes die Baustelle "Fallenschloss". So ein Theater wie gestern wollen wir nicht noch mal erleben. Also ein Mann am Spifall hoch in den Mast, das Großfall mit einer Hilfsleine verbinden und den Mechanismus analysieren.
Den Fehler, den wir gestern gemacht haben, erkennen wir recht schnell: Das Fallenschloss ist schwergängig in dem Moment, in dem die Kugel über den Block läuft. Wir dachten gestern, es ist nicht ausgehakt, wir hätten einfach nur kräftig am Vorliek des Groß nach unten ziehen müssen. Problem erkannt, Lösung gefunden. Zusätzlich hilft eine gute Portion Teflon Spray. Wir probieren das Ein- und Ausrasten des Schlosses mit der Hilfsleine noch ein paar Mal um Sicherheit zu gewinnen. Danach laufen wir aus, es hat heute ordentlich Wind, 20-25 kn in Böen 30 kn. Im Hafen wird noch diskutiert, welchen Spinnaker wir setzen wollen, den Gedanken verwerfen wir schnell wieder.
Nur unter Groß machen wir schon 10+ kn Fahrt. Bevor wir die Genua setzen können, wird Rasmus plötzlich sauer und schnappt nach zwei Crewmitgliedern. Schuld daran ist natürlich unser Skipper, der zwei Tage lang vergessen hatte, Rasmus zu huldigen. Was das für Folgen haben kann, ist ja eigentlich spätestens seit der Balearen Sailing Week 2008 bekannt. Immerhin wissen wir jetzt, dass die Automatikwesten immer noch zuverlässig auslösen. Wir bergen das Groß ohne Probleme und kehren in den Hafen zurück.
Gut durchgekühlt fahren wir in unser Haus. Ein Teil geht direkt in die Sauna, der andere Teil bereitet das Abendessen. Es gibt Gulasch mit handgeschabten Spätzle. Während dessen schneidet unser Kameramann ein erstes Video für unsere Facebook-Seite zusammen.
Sonntag (Ostersonntag)
Der Wind hat über Nacht deutlich abgenommen und weht mit ca. 5-10 kn, ideal zum Üben. Wir trainieren Genuawechsel (Segel im Segel) und setzten auch zwei der drei vorhanden Spis, den S1.5 und den S2. Alles klappt schon ganz gut und wir sind guter Dinge. Als der Wind etwas auffrischt, kommen wir unter Spinnaker wieder ins Gleiten. Welch ein Gefühl bei so wenig TWS! Leider gibt es immer wieder kurze aber heftige Schauer, die uns bei der Kälte doch etwas die Laune verderben. Nach der Rückkehr in den Hafen klarieren wir das Schiff für die nächsten 2 Wochen Liegezeit in Sonwik.
Abends gehen wir mit Fabian zusammen zum Griechen essen und besprechen sein Arbeitsprogramm für die Zeit bis zu unserem nächsten Training. Größte Baustelle hierbei ist die komplette Navi-Elektronik an Bord, die bisher überhaupt nicht funktioniert.
Zusammenfassung
Die Farr 30 EINSTEIN hat uns total begeistert und unsere Erwartungen hinsichtlich des Zustands von Boot und Zubehör übertroffen. EINSTEIN ist ein absolut kompromissloser Racer und damit ein perfektes Sportgerät für Regatten. Es ist alles vorhanden, was man braucht, nichts überflüssig und viele Details sind genial durchdacht. Einige Beispiele:
Wir freuen uns auf die kommenden Regatten und Trainings. In 2017 sind geplant:
Teilnehmer: Birger, Dirk, Dirk Jens, Peter, Rainer, Rüdiger, Thomas
Aktuelles: http://facebook.com/Farr30Einstein