Wir trafen uns um 10 Uhr am gewohnten Treffpunkt IEH, um uns und das Gepäck auf die beiden Stadtmobile aufzuteilen. Von Frankfurt Hahn aus kamen wir nach 4,5 Stunden Flug und mit einer Stunde Zeitverschiebung gegen 19 Uhr auf Lanzarote an. Schon der Anflug auf die dortige Landebahn war spektakulär, da diese direkt am Atlantikufer liegt.
Mit einem Taxikonvoi ging es in teils halsbrecherischer Fahrt zum Heimathafen unserer Boote: der Sporthafen "Marina Rubicon" von Playa Blanca an der Südspitze Lanzarotes.
Als Erstes muss natürlich gesagt werden, wie schön warm es auf Lanzarote, immerhin 3.800 km Luftlinie und 20 Breitengrade südlich von Deutschland, trotz der abendlichen Stunde war: T-Shirt-Wetter und mindestens 20 °C!
Die obligatorischen ersten Großeinkäufe zur vorläufigen Verpflegung wurden gleich besorgt, während die Skipper schon am ersten Abend von einem der Eigner in die drei baugleichen Dehler 41 eingewiesen wurden.
Der Tag endete mit einem gemeinsamen Essen aller 21 Segler, und großer Vorfreude auf die kommende Segelwoche.
Wie kann man schöner in einen Segelurlaub eingestimmt werden als mit der ASK-Guten-Morgen-CD?
So wurden wir am Sonntag durch die (mehr oder weniger) lieblichen Klänge dieser CD geweckt, und genossen beim Frühstück an Deck die ersten spanischen, warmen Sonnenstrahlen.
Es folgten die Kontrollen der Boote, ob alle Teile vorhanden sind und funktionieren, und nach einer schnellen Abnahme durch die spanischen Skipper bzw deren Vertreter machten wir uns segelfertig.
Birgers Boot war als erstes klar, doch spätestens gegen Mittag waren die drei Boote ‚Alaminos‘, ‚The Boss‘ und ‚Boisse‘ mit je sieben Seglern auf dem Meer (bzw Ozean?!). Für den ersten Segeltag standen erstmal das Kennenlernen der Crew unter sich und des Bootes, und das Wiederwarmsegeln nach der Winterpause an. Wie versprochen wehte ein anständiger Wind mit 15-20 Knoten aus Nordosten, und es stand auch eine ganz gute Welle. Für Einige von uns war es das erste Mal segeln auf dem (fast) offenen Atlantik!
Da Fuerteventura in Sichtweite von Lanzarote liegt, bot die dort vorgelagerte Insel Isla de Lobos ein gutes Umrundungsziel. Bei der Annäherung an Fuerteventura veränderte sich das Wellenbild, so dass gegen die nordöstlichen Windwellen eine sehr lange Dünung aus Westen stand. Das machte das runtersurfen der Welle auf Raumwindkurs sehr interessant.
Gegen 17 Uhr trudelten alle Boote wieder im Hafen ein, und es waren viele glückliche Gesichter zu sehen. Wir ließen den Tag mit entspanntem Beisammensein im Hafen und auf den Booten ausklingen.
Da schon bei der Törnvorbesprechung klar wurde, dass wir Lanzarote einmal umrunden wollten, startete diese Fahrt schon am Montag. Über zwei Zwischenstopps in Porto Calero und an der Insel La Graciosa an Lanzarotes Nordspitze wollten wir bis Mittwochabend einmal „Rund-Um“.
Wieder wehte der Wind mit bis zu 22 Knoten aus Nord-Ost. Alaminos und Boisse nutzen die ersten Kreuzschläge zur Isla de Lobos für Trimmfahrten, während The Boss vorne weg fuhr und die Isla gleich zweimal umrundete. Es folgten kurze Gennakerschläge und dann eine lange Strecke entlang der Ostküste Lanzarotes nach Porto Calero.
Porto Calero ist eine schön angelegte Marina mit sehr gut ausgebauter Infrastruktur. Und da es nicht sehr viele geeignete Häfen gibt, lagen hier auch viele weitere Crews mit ihren Charterbooten.
Das Büro des Hafenmeisters schmücken signierte Fotos der Teams Puma und SCA (Volvo Ocean Race 2011/12 bzw. 2014/15), die Porto Calero als Trainingsstandort nutzten.
Der einzige Nachteil der Marina ist der weite Weg zu einem Supermarkt mit vernünftigen Preisen, der nur per Taxi zu erreichen war.
Dienstags, am zweiten Tag unserer Umrundung von Lanzarote, setzten wir uns die Insel La Graciosa, direkt nördlich von Lanzarote gelegen, als Ziel für den Abend. Fast den ganzen Schlag hieß es kreuzen entlang der Ostseite von Lanzarote, was eine schöne Gelegenheit für weitere Trimmfahrten bot. Der Einfluss der Küste auf die Windverhältnisse sorgte dabei für mehrere unerwartete Positionswechsel. Leider war kein für Gennaker geeigneter Kurs dabei.
Vor der Insel La Graciosa angekommen, mussten wir feststellen, dass die nötige Voranmeldung nicht wie erhofft funktioniert hatte. Wir hatten zwar die Genehmigung zum Ankern in Buchten, wurden aber von der Security in der Marina abgewiesen und konnten dort nicht festmachen. Offenbar ist die Sorge vor Flüchtlingsbooten aus Afrika der Grund für diese strikten Regelungen. Hans und seine Crew hatten dankenswerterweise lange aber letzten Endes erfolglos auf Spanisch mit dem Securitymann verhandelt. Wir unterstellen kameradschaftlich nicht, dass man Hans oder seine Crew für Flüchtlinge gehalten hat.
Drei Seemeilen südwestlich der Hafeneinfahrt wählten wir die Playa Francesca als Ankerbucht für die Nacht. Sie erwies sich als schmal, nicht sonderlich gut geschützt und mit schwierigem Ankergrund. Für Päckchen wie im Mittelmeer war das nichts, jede Crew ankerte für sich. Nach mehreren Anläufen hatten wir genügend Vertrauen in den Halt der Anker um uns (mit Ausnahme der jeweiligen Ankerwache) schlafen zu legen.
Im Mittelmeer trainierte Ankerbucht-Reflexe trieben am frühen Morgen einige wagemutige ins Wasser, obwohl die Wassertemperaturen des Atlantiks überhaupt kein Badebuchtfeeling aufkommen ließen. Spaß gemacht hat es trotzdem und der Blick durch die Taucherbrille auf den Ankergrund war sehr lehrreich.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Rückweg entlang der Westseite von Lanzarote zu unserem Heimathafen in der Playa Blanca. Die Vorhersage versprach beste Bedingungen zum Gennakersegeln, und enttäuschte nicht: Wir hatten durchgängig Wind um die 15 Knoten und für Atlantikverhältnisse mäßige Dünung. Alle Crews nutzten die angenehmen Raumwindkurse ausführlich zum Training.
Leider konnte nur Alaminos den Schlag unter Gennaker abschliessen. Auf Boisse brach das Gennakerfall plötzlich und ohne jede Provokation. Das war schon im Vorjahr auf dem gleichen Boot am fast gleichen Ort passiert. Auf The Boss verfing sich beim Gennaker bergen die Passivschot im Propeller. Beidrehen sollte helfen in Ruhe die Lage zu sondieren. Jedoch fiel dabei völlig unerwartet die Genua aufs Vorschiff. Ein geschulter Blick auf die Überbleibsel zeigte im Nachhinein, dass ein Schäkel am Kopf der Genua schon Wochen früher angerissen sein musste und durch Korrosion “angezählt” war. Die eingerollte Genua hatte den Schäkel beim “rig check” verborgen.
Nachdem Genua und Groß geborgen waren, stürzte sich der Vorschiffsmann in die Fluten und versuchte die Situation am Saildrive soweit möglich zu klarieren. Nach einer halben Stunde brachen wir das Manöver jedoch ab: Zu viele Windungen pressten die Schot im Lager fest, Seegang und Wassertemperatur machten die Aktion höchst unangenehm. Die Boisse war zu dem Zeitpunkt bereits per Funk verständigt und schleppte The Boss den Rest der Strecke zum Heimathafen.
Die Crew der Alaminos in der Marina bereits Vorarbeit geleistet: Ein langer Steg an der Tankstelle, direkt hinter der Hafeneinfahrt, war für die Ankunft der Boote frei gemacht und zum Anlegen bemannt. Hier ging The Boss völlig "emissionsfrei" längsseits. Die Crew der Alaminos nahm die Leinen entgegen, stoppte die Jacht auf, und verhalf so dem Schleppmanöver zu einem glücklichen Abschluss.
Da The Boss lädiert im Hafen lag, wurde ein Teil der Crew bei der Boisse als Gäste aufgenommen (Danke dafür !).
Nach dem etwas windarmen Mittwoch wehte es wieder mit angenehmen 15 Knoten, und natürlich schien die Sonne.
Alaminos und Boisse starteten wieder mit einigen Trimmschlägen zur Umrundung der Isla de Lobos. Während Alaminos für einen Essensstopp weiter entlang der Insel Fuerteventura segelte, rundete Boisse die Isla de Lobos gleich ein zweites Mal, und legte sich dann für einen Bade- und Kaffestopp auf die Leeseite der Isla vor Anker. Was wir von weitem noch für Robben gehalten hatten, entpuppte sich als eine ganze Horde Surfer, die in der Brandung vor der Stein-/Felsküste der Isla trieben und auf die perfekte Welle warteten. Es war dann auch sehr beeindruckend zu sehen, wie lange die Surfer die Wellen entlang sausten, und erst kurz vor der steilen Felswand der Isla ‚abstiegen‘.
Da die Zeit auf dem Wasser immer wie im Fluge zu vergehen scheint, waren wir erst nach der Dämmerung wieder im Hafen von Playa Blanca.
Dort trafen wir auf die glückliche Crew der The Boss, da ihr Motorschaden behoben werden konnte, und sie so für den nächsten Tag wieder segelklar waren.
Weiteres Tauchen am frühen Vormittag im Hafenbecken hatte nicht geholfen, die Propellerwelle zu klarieren. Deswegen hatte sich die Crew entschieden, die örtliche Bootswerft in Anspruch zu nehmen.
In der Werft löste der Chef persönlich das Problem, routiniert in unter fünf Minuten: Am Kran hängend frei zugänglich, liess sich die Manschette abschrauben, die das Lager am Saildrive in Richtung Propeller schützt. Unter dieser Manschette steckten fünf Wicklungen der Schot, die wir von außen überhaupt nicht gesehen hatten. Die Windungen hatten sich nicht verschweisst, sondern "nur" extrem gegeneinander bekniffen und liessen sich problemlos abwickeln.
Noch nie hatte uns die Fahrt unter Motor so viel Spaß gemacht, wie auf dem Weg zurück zum Liegeplatz! Die durch den gebrochenen Schäkel havarierte Genua war sehr viel einfacher instand zu setzen. Der in den Mast gewinschte Vorschiffsmann konnte das Fall problemlos aufs Deck hinunter lassen, wo wir das Segel mit einem neuen Schäkel wieder anschlugen. Setzen, wegrollen, fertig.
Am letzten Segeltag waren wieder alle drei Boote auf dem Wasser. Dies nutzten wir für einen langen gemeinsamen Schlag, der uns mal nicht zur Isla de Lobos, sondern auf Raumwindkurs nach Südwesten auf die Westseite von Fuerteventura brachte. Der Wind drehte dabei von Nordosten auf Norden mit Stärken zwischen 15 und 23 Knoten.
Sobald wir die Windabdeckung von Lanzarote verließen, nahm der Seegang deutlich zu, und es bildete sich wieder die interessante Kreuzsee mit langer und hoher Atlantikdünung aus Nicht-Windrichtung. Dadurch wurde das Aussteuern der Wellen unter Gennaker recht anspruchsvoll. Auch einige sogenannte „Sonnenschüsse“ (das Boot wird aus Raum-/Halbwindkurs in den Wind gedreht da die Ruderwirkung nicht mehr ausreicht um der Leekränkung des Bootes entgegen zu wirken) blieben dabei nicht aus. Alle drei Boote bargen den Gennaker zu sehr verschiedenen Zeitpunkten und fuhren das letzte Stück zur Wendemarke teilweise nur unter Groß und Genua, weil die Wellen durch die Nähe zur Küste sehr spitz wurden.
Wie so oft nahm der gefühlte (=scheinbare) Wind auf dem Kreuzschlag deutlich zu. Durch die teils sehr hohen Wellenberge war es aber nicht möglich maximale Höhe zu segeln, da das Boot dann in der Welle beinahe stehen blieb. Auf der Boisse ereignete sich ein unvergesslicher Moment, als genau auf einem Wellenberg eine überlagernde Welle einmal komplett über das quasi stehende Boot hinweg rauschte. Der Vorschiffsmann wurde komplett gebadet und nur noch von der Reling an Bord gehalten. Doch auch die gesamte restliche Crew im Cockpit bekam eine ordentliche Dusche Meerwasser ab.
Wir beendeten den Segelteil der Woche mit einer langen schönen Kreuz bis kurz vor den Hafen Playa Blanca, den wir mit der Dämmerung erreichten.
Zum gemeinsamen Abschluss besuchten alle Crews die nahegelegene Pizzeria „Aphrodite Little Italy“, um mit einer Pizza Vulcano (Tipp vom Vorjahr) und anderen Leckereien den Abschluss des Trainings zu feiern.
Mit dem ein oder anderen Cocktail auf den Booten klang die erfolgreiche Segelwoche aus.
Nach der Übergabe der Boote am Vormittag teilten wir uns in drei Gruppen auf, um je nach facon die Insel zu erkunden und die Zeit bis zum Rückflug am Abend noch sinnvoll zu nutzen.
Ein Teil der Gruppe mietete sich zwei Autos um die Insel zu erkunden. Wir fuhren zum Vulkannationalpark und machten die selbe halbstündige Bustour durch die felsige Landschaft, wie die Crews im Jahr davor. Lustigerweise sehen die Vulkane genauso aus wie die Pizza Vulcano vom Vorabend (oder anders herum??).
Anschließend wurden uns auf dem Vulkanplateau noch einige Spielchen mit dem heißen Wasser demonstriert, und als wir an dem Naturgrill mit Hähnchen darauf vorbei kamen, fiel sofort die Entscheidung noch im Restaurant des Besucherzentrums zu Mittag zu essen.
Ursprünglich hatten wir geplant noch an die Nordspitze der Insel zu diversen Aussichtspunkten zu fahren, aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit besuchten wir lieber das zu einem Museum umgebaute Wohnhaus des bekannten Architekten und Künstlers César Manrique. Er hat einige der bekanntesten Gebäude Lanzarotes entworfen.
Die größte Gruppe machte sich mit geliehenen Mountainbikes auf zu den Hügeln rund um die
Playa Papagaios an der Südostspitze der Insel. Viele zeigten auf dem Rad ähnlichen körperlichen Einsatz, wie beim Segeln. Das erste “Opfer” fand eine Kaktee am Wegesrand und interpretierte Rad fahren zum Kontaktsport um, noch bevor wir die befestigten Wege von Playa Blanca verlassen hatten. Auf den single trails rund um die Hügel schaffte es einer der erfahrenen MTBler, insgesamt drei Schläuche zu ramponieren (streng genommen sind nur zwei auf der Strecke geblieben, und einer zeigte Materialfehler schon bei der Montage).
Abschliessend setzten wir uns zum Mittagessen in Playa Blanca an den Strand, holten unsere Taschen aus der Marina und machten uns mit Taxis auf den Weg.
Am Flughafen trafen sich die Gruppen wieder.
Der Rückflug wurde etwas holprig aufgrund von Turbulenzen in der Luft, aber eigentlich fühlte es sich fast so an wie das Auf-und-Ab der Wellen, an das wir uns die letzten Tage gewöhnt hatten. Wenn man zwischendurch aus dem Fenster schaute, waren wunderbar die Küstenlinien Marokkos, Südspaniens und Portugals zu erkennen.
Kurz vor Mitternacht landeten wir am Flughafen Frankfurt-Hahn. Dort teilte sich unsere Gruppe dann auf, und dank dreier unermüdbarer Stadtmobilfahrer wurde fast jeder Karlsruher bis vor die Haustür gebracht, wo die wunderbare Südseefeeling-im-Winter-Segelwoche am frühen Sonntagmorgen endete.
(Crew Alaminos: v.l.n.r. Jens, Florian, Christiane, Birger (Skipper), Lars, Felix, Paul)
(Crew Boisse: v.l.n.r. vorne: René, Jana, David, hinten: Reinhard, Julius, Hans (Skipper), Basti)
(Crew The Boss: v.l.n.r. Stefan, Markus, Johannes, Udo, Olaf (hinten, Skipper), Noel, Marius)