Der Giraglia Rolex Cup gehört zu den berühmten Regatten im Mittelmeer und zählt seit über 50 Jahren zu den Topregatten der französischen und italienischen Hochseeregattaszene.
Die Veranstaltung erstreckt sich über eine volle Woche im Juni und startet mit Kurzwettfahrten an drei Tagen im Golf von Saint-Tropez. Aber ab dem vierten Tag geht es hinaus aufs Meer zu einem herausfordernden Langstreckenrennen. Der Kurs führt das Feld von Saint-Tropez nach La Fourmigue, dann vorbei an dem Felsen nördlich von Korsika, der La Giraglia genannt wird, und schließlich ins Ziel nach Genua in Italien. Diese Distanz beträgt 243 Seemeilen.
Um den Skipper und Organisator Ole fanden sich insgesamt 11 weitere Segler. Es war ein super Team mit einer guten Mischung aus erfahrenen Regatta-Seglern und jungen Studenten.
hinten von links: Rüdiger, Hans, Jonas, Friedbert, Martin
vorne von links: Tiemo, Rainer, Martin, Dirk, Olaf, Ole (Skipper), Frank
Dieses Mal sind wir auf einer sportlichen First 45 gesegelt. Diese Yacht konnte bereits bei einigen IRC-Regatten Erfolge vorweisen, darunter erste Plätze bei der ARC 2008, Cowes Week 2008 und beim Rolex Middle Sea Race 2009 (IRC3).
Nach Ankunft in unserer angemieteten Wohnung in St.-Tropez am Sonntagabend, übernahmen wir am folgenden Tag unser Regattaboot, eine First 45, von unserem Charterunternehmen Madraco. Leider konnten wir das Boot nicht wie abgesprochen mit leeren Tanks übernehmen, was in den Folgetagen noch einiges an Ideenreichtum und Arbeit verursachte, um die ca. 200 l Diesel aus dem Tank zu entfernen. Zunächst begannen die bei der ASK üblichen Baumaßnahmen am Boot, um dieses so leicht wie möglich zu machen.
Zudem installierten wir unsere hochmodernen Segel-IT-Gerätschaften, um unserem Navigator Rainer, der selbsternannten "Navi-Ratte", das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
Ein ebenso permanentes Thema war der Internetzugang in unserer Wohnung. Zum einen um unsere Emails abrufen zu können, aber auch um die vom Wetterexperten Menno Schrader bestellten Wetter-Grip-Daten für die Langstrecke von St. Tropez über Giraglia nach Genua zu erhalten.
Gegen 17:00 Uhr ging es dann zur Testfahrt des Bootes raus in die Bucht von St.-Tropez. Ziel war es einfach das Boot im Ist-Zustand zu testen und die Segel zu begutachten. Die erste Ernüchterung war somit auch schon gleich da, als wir feststellen mussten, dass wir als Genua 1 nur eine 100 % Genua hatten und nicht wie früher übliche Größen von 120 – 130 %.
Nachdem wir drei unserer vier Genuas und den symmetrischen Spinnaker getestet hatten, ging es zurück zum Hafen, wo wir noch weitere zwei Stunden an unserer Yacht rumschraubten.
Die verantwortliche Kochtruppe begann dann so gegen 23:00 Uhr erstmals unsere Wohnungsküche zu verunstalten. Abendessen gab es dann um Mitternacht, was sich in den Folgetagen auch nicht ändern sollte, gefolgt vom üblichen Seglerlatein, bis schließlich die letzten gegen drei oder vier in den Kojen verschwanden.
Der kommende Tag sah ähnlich aus, nach dem wir bis in den frühen Abend diverse Umbaumaßnahmen am Boot vorgenommen hatten, liefen wir gegen 17:00 Uhr zum ersten offiziellen Regatta-Training aus. Der Tag endete wie der vorherige. Glücklicherweise hatten wir bis dato auch ein professionelles Konzept zum Diesel abpumpen entwickelt, was ab sofort jeden Tag ca. zwei Stunden in Anspruch nahm. Immerhin waren wir mit drei Diesel-PKW angereist, die nun Kanister für Kanister mit 200 l Bootsdiesel befüllt wurden.
Der Mittwoch wurde dann erstmals als vollständiger Trainingstag genutzt. Ole, unserer Skipper, führte mit uns ein ausführliches Manövertraining von 11:00 bis 20:00 Uhr durch. Außerdem testeten wir an diesem Trainingstag auch die jeweiligen Ersatzleute für die einzelnen Positionen, was Jonas als zweiten Mann am Mast gleich mal dazu veranlasste diverse Mastbeschläge abzureißen. Ein klassischer „Friedbert-Job“ nach Rückkehr in den Hafen, der wieder sämtliche mechanische Probleme gemeinsam mit der gesamten Mannschaft löste.
Für diesen Tag war ein Nachttraining angesetzt. Morgens begannen wir den Tag mit Ole's Taktik Schulung.
Nachdem wir wiederum einen Tag für Reparaturen und Modifizierungen am Boot verbracht hatten, liefen wir gegen 17:00 Uhr aus zu einem Abendessen in Cavalière, von wo wir gegen 22:00 Uhr zurückstarteten.
Die Nachtfahrt wurde genutzt, den bisher noch nicht getesteten asymmetrischen Spinnaker zu setzen, was auch erstmal nicht wirklich funktionierte. Na ja, dies lag wohl eher an der schlechten Sicht, denn am kommenden Tag sollten wir auch diese Manöver reibungslos hinbekommen. Gegen 4:00 Uhr morgens liefen wir nach einigen kleinen Motorproblemen wieder in Cogolin ein.
Der Freitag stand dann ganz im Zeichen eines professionellen Trainings. Hierfür holten wir uns mit für ein paar Stunden Jeff einen professionellen Segler an Bord, welcher bereits Teilnahmen am Volvo Ocean Race in seiner Segler-Vita vorweisen konnte. Jeff lies uns unmissverständlich wissen, dass die Genuas äußerst flach geschnitten waren. Neben diversen Trimmtipps und Manöverempfehlungen blieb uns allen jedoch eine Kernaussage des Profis zu unseren First 45 im Ohr. "This boat is not made for racing, maybe a little bit".
Der Samstag vor dem Regatta-Start sollte dann ein entspanntes Einsegeln werden, ebenso wollten wir noch diverse Fotos für unseren Bericht machen. Nachdem wir das Boot für den den Regatta-Start aufgehübscht hatten und es mit diversen Stickern und Flaggen, die uns als offiziellen Teilnehmer des Giraglia Cup auswiesen, versehen hatten, liefen wir zum Foto-Shooting aus. Frank und Rüdiger wurden in unserem Dingi in der Bucht von St. Tropez ausgesetzt, ausgestattet mit diversen Kameras, um uns in unserer Kampfmontur in vollem Einsatz abzulichten.
Diese Aktion führte zu imposanten Fotos bei einem Amwind-Kurs. Bei einer erneuten Ansteuerung für den Down-Wind riss jedoch plötzlich bei nur drei Bft Wind das Ruderseil, wodurch wir kurzzeitig manövrierunfähig wurden. Wir schafften es jedoch bei der allgemeinen Hektik an Bord sehr schnell die Notpinne zu installieren.
Mit der Notpinne dirigierte uns Ole dann mit einem gekonnten Anlegemanöver sicher in den Hafen von St.-Tropez. Noch am gleichen Tag kamen vier Mechaniker unseres Vercharterers, welche unseren Ruderschaden reparierten. Glücklicherweise hatten wir im Vorfeld auf die etwas angeschlagene Ruderanlage hingewiesen. Anders als ursprünglich geplant, blieben wir für die kommende Nacht im Hafen von St.-Tropez.
Am Morgen des ersten Regattatags waren wir alle heiß auf den Start des ersten Inshore-Rennens in der Bucht von St.-Tropez. Alle Tonnen waren in unsere Software einprogrammiert, Wetterdaten waren eingelesen und wir waren startklar. Bei der Startbereitschaft blieb es dann auch bis 15:00 Uhr. Dann wurde das Rennen aufgrund des vorherrschenden Mistralwindes mit bis zu 40 Knoten abgesagt. Der Rest des Tages war dann allgemeines Rumhängen im Hafen, diversen Cafes und Kneipen sowie an unserem Privat-Pool in unserer Wohnung.
Am Abend folgte dann das Party-Highlight der Veranstaltung. In einer legendären Location, nämlich auf der alten Festung von St. Tropez mit Blick über die gesamte Bucht, wurde eine Party für 2.000 Segler organisiert.
Der Wind hatte am folgenden Tag merklich nachgelassen, um nicht zu sagen es gab fast keinen Wind mehr. Nichts desto trotz wurde nun endlich das erste Inshore-Rennen sehr verspätet gestartet.
Ole, unser Skipper und Taktiker, dirigierte unsere Yacht mit Friedbert am Steuer und Martin W. an der Groß nahezu perfekt an das Startschiff. So gelang uns auf Anhieb ein sehr guter Start auf der Steuerbordseite der Startlinie. Aber da war sie dann auch wieder, unserer Genua 1. Trotz nahezu perfekter Manöver und Navigation durch Rainer konnten wir dem Feld bei Am-Wind-Kursen nicht folgen, obwohl die Cockpitcrew um Hans, Jonas und Olaf mit der Vorschiffscrew Martin D. und unserem Floater Frank perfekt in den Wenden harmonierten. Immerhin verloren wir auf dem Vorwind–Kursen unter Spi keine weiteren Plätze mehr. Das Rennen beendeten wir unerwartet auf dem 72. Platz von 76 Starten. Dies entsprach leider in keinster Weise unseren Erwartungen und Ansprüchen und dementsprechend war am Abend die allgemeine Stimmung auch mies. Skipper Ole verstand die Welt nicht mehr und der Abend wurde deshalb sehr lange aufgrund der Aufarbeitung der Fehleranalyse; allein, die bekannte „Seefahrermedizin“ half uns über die Enttäuschung weg.
Leider sollte das zweite Inshore Rennen auch nicht viel besser laufen, auch wenn wir uns heldenhaft um einen Platz verbessern konnten, denn wir wurden 71. von 77 Startern. Immerhin gewannen wir eine einstündige Protestverhandlung, die in drei Sprachen vor einer internationalen Jury geführt wurde, gegen zwei italienische Yachten. Der Skipper von einer Yacht versuchte uns aufgrund seines riskanten Leetonnenmanövers eine Regelverletzung aufzubürden. Dies wurde von der Jury erkannt und die Yacht wurde deshalb disqualifiziert.
Nach diesem zweiten Desaster wurden wir dann auch bei unserem Vercharterer Madraco vorstellig mit der Forderung nach einen besseren Genua. Was wir bekamen war das Dacronsegel, das üblicherweise als Rollgenua im Charterbetrieb genutzt wurde. Nichts desto trotz hatte dieses Segel eine halbwegs akzeptable Bauchigkeit, was bei dem vorherrschenden schwachen Wind zumindest etwas Vortrieb brachte.
Die Vorbereitungen für die Langstrecke waren entsprechend umfangreich und reichten von der Verpflegung bis zur Organisation der bestellten Wetterdaten für unsere Navi-Software.
Am Mittwochmittag starteten wir dann zur Langstrecke von St-Tropez nach Genua. Bei einigen von uns kamen schon Gedanken über einen Abbruch der Regatta auf, da wir offensichtlich chancenlos waren. Glücklicherweise änderten sich jedoch die Windverhältnisse. Nach einem fast schon legendären "Nullstart" kämpften wir uns in den ersten 3 bis 4 Stunden des Rennens, auf denen wir aus der Bucht von St.-Tropez mit der Dacrongenau bei wenig Wind und sehr vielen Wendemanövern herauskreuzten, in Richtung Süden. Obwohl wir hervorragend vom Start weggekommen waren, konnten wir aufgrund unserer Dacrongenua das Geschwindigkeitspotential im Vergleich mit den anderen Yachten nicht halten. Allerdings, wir segelten eindeutig besser als mit den eingesetzten Genuas in den Regatten zuvor. Irgendwann zogen wir aus lauter Frust mit unseren Vorsegeln vor allen anderen den asymetrischen Spi, was uns dann alle nachmachten. Im weiteren Verlauf der Regatta konnten wir fast ausschließlich den asymmetrischen Spi oder den symmetrischen Spi fahren, wodurch wir mit den anderen Booten konkurrenzfähig waren. Beim Einsatz der Spis konnten wir feststellen, dass eine Kombination von symetrischen und asymetrieschen Spi ideal bei Spi-in-Spi- Segelwechsel ist. Diese Manöver beherrschten wir mit der Zeit ziemlich perfekt und das Vorschiffteam, Martin D. und Jonas waren inzwischen super eingespielt. In der Langstrecke zeigte auch Rüdiger, dass er ein inzwischen erfahrender Vorschiffmann war und unsere ersten Vorschiffsmann gut ersetzen konnte.
Die taktischen Überlegungen begannen, welche Route wir Richtung Giraglia einschlagen sollten, da unsere Wetterdaten ein Flautenloch auf der direkten Strecke vorhersagten. Jedoch stellen wir bald fest, dass die übermittelten Datensätze für die Wettervorhersage von unserem Wetterdienstleister mehr als unzuverlässig und z.T. sogar widersprüchlich waren. So hielten wir uns eher auf dem direkten Kurs mit leicht südlicher Tendenz und segelten bei niedrigen Windgeschwindigkeiten Richtung Giraglia. Die Wachführer Friedbert, Dirk und Frank machten ihre Jobs gut. Das neue Wachsystem 3-3-1-1, mit jeweils drei Crewmitglieder im Wachrythmus Wache-Standby-frei sowie den zwei Vorschiffsleuten Martin D. und Rüdiger wechselten jeweils ab, der „wachfreie Skipper“ stand immer bereit für taktische Entscheidungen.
In der zweiten Nacht gegen 23:00 Uhr rundeten wir dann den Giraglia-Felsen und es folgte die spannendste Phase der Regatta, bei welcher wir bei über 20 kn Wind gemeinsam mit dem Regattafeld Richtung Genua liefen. Angetrieben durch Friedbert, der endlich in seinem Element zu sein schien, holten die Genuaschoter Tiemo, Hans und Olaf alles an Speed aus unserer Yacht heraus und brauchten dabei ihre gesamten Reserven auf. Und auch der Zieldurchlauf war entsprechend spannend, denn obwohl wir 48 Stunden gesegelt waren, wollten plötzlich auf der letzten Meile unzählige Boote gleichzeitig über die Ziellinie. Am Ende segelten die Yachten im Minutentakt über die Ziellinie.
Nach dem erfolgreichen Zieldurchlauf machten wir im Sportboothafen von Genua fest. Der Frust der ersten beiden Rennen und die Mühen und Strapazen wurden endlich belohnt. So belegten wir mit dem berechneten 45. Platz von 87 Startern in unsere Klasse IRC A, sowie in der international hochwertig besetzten IRC-Klasse den 81. Platz von 154 Startern. Mit einem 68. Platz von insgesamt 99 Startern über alle Wettfahrten der Gruppe IRC A verabschiedeten wir uns sozusagen von der Regatta. Was uns allerdings aufmunterte war, dass wir Jochen Schühmann, der den 100–Fuß langen Racer „Esimit Europa 2“ steuerte, verrechnet hinter uns ließen.
Den Gesamtsieg ersegelte sich auf der Giraglia-Langstrecke die „Foxy Lady“, eine X 372. Insgesamt wurden die ersten 16 Plätze auf dieser Strecke von kleinen Yachten aus der Gruppe B belegt.
Nach einem Erholungsschlaf hatten wir Zeit für freie Manöver, um uns nachmittags etwas die Innenstadt von Genua anzuschauen. Es folgte dann am Abend eine ebenfalls gut sehr organisierte Party im Yacht Club von Genua.
Samstagvormittag ging es dann die rund 120 Seemeilen zurück nach Cogolin, wo wir am kommenden Sonntag, morgens um 6 Uhr einliefen.
Bis Mittag hatten wir das Boot mit unserer 12-Mann-Truppe soweit zurück gebaut, um es übergeben zu können. Der Nachmittag stand dann jedem zur freien Verfügung. Abends wurde die Regatta dann in einem malerisch schönen Restaurant abgeschlossen.
Montagvormittag reisten dann zwei der drei Wagen nach der Bootsübergabe ab. Die Nachhut, die die Wohnung zu übergeben hatte, folgte am Dienstag.