Nachdem am Samstagnachmittag alle Crewmitglieder in unterschiedlichen Anreisegruppen ihre Boote gefunden und Kojen bezogen haben, werden alle Teilnehmer der Balearen Sailing Week am Abend vom Veranstalter zum Essen eingeladen. In einem rustikal eingerichteten Restaurant genießen wir ein besonders leckeres Menu vom Holzkohlegrill bei einigen Flaschen Rotwein.
Am Sonntagmorgen folgt nach der obligatorischen Sicherheitseinweisung auf der „Maha“ das professionelle Bekleben der Boote mit unseren Sponsorenaufklebern von 3M. Schon von weitem lassen sich die ASK-Yachten durch die 3M-Logos identifizieren. Nach einiger Zeit sind die kleine und die große 3M-Yacht unter den Teilnehmern bekannt.
Gegen Mittag laufen wir aus. Der erste Tag soll genutzt werden, um Crew und Boote näher kennen zu lernen. In der Bucht von Palma trainieren wir die ersten Manöver auf unserer 13 Tonnen schweren Bavaria 50. Hoch am Wind reißt plötzlich eine Kette des Steuerbordruderstandes. Aufgrund des redundanten Aufbaus ist das Backbordrad weiter einsatzfähig. Das Problem ist schnell in einem gerissenen Bolzen im Kettenspanner gefunden. Da wir keinen Ersatzspanner dabei haben, steuern wir auf die Marina zurück, wo wir vom Vercharterer schnellen Ersatz bekommen.
Nach dem der Schaden behoben ist und die Kettenspannung der beiden Steuerstände nun optimal justiert ist, segeln wir zum schönen Hafen von Sa Rapita. Gut, dass für Sonntag noch kein Regattalauf geplant gewesen ist!
Den Abend lassen wir in einem typisch spanischen Restaurant bei leckerem Seeteufel ausklingen. Besonders genießen wir nach dem Essen den eisgekühlten Ouzo, mit dem der Wirt nicht geizt!
Am Montag ist der erste Lauf der Balearen Sailing Week angekündigt.
Wegen vorübergehender Flaute ist geplant, erstmal auf das Südostkap Mallorcas zuzufahren und auf Wind zu warten. Währen dessen müssen wir feststellen, mit welch scharfem Geschütz die anderen Crews angereist sind. Schon während der ersten Meilen werden wir mit Wasserbomben angegriffen. Es gelingt uns, einige der Geschosse abzufangen und geschickt zu kontern!
Vor dem Start steht zunächst die Entscheidung an, auf welcher Seite wir starten: An der Boje auf Backbordbug mit Wegerecht oder am Startschiff, windtechnisch vorteilhafter aber auf Steuerbordbug. Unser Taktiker Hans-Walter hat glücklicherweise genügend Zeit, sich das Ganze bei den beiden vor uns gestarteten Gruppen anzuschauen und dann selbst zu handeln. Er entscheidet sich für die Startschiffseite, was sich als goldrichtig herausstellen soll.
Uns gelingt ein exzellenter Start, der uns gleich in die erste Position unserer Gruppe bringt. Direkt nach dem Start kreuzen wir in kurzen Schlägen in Landnähe, da hier der Wind etwas stärker weht als weiter draußen. Die Genuaschoter sind schwer beschäftigt, das Riesenteil immer wieder dicht zu holen. Während dieser Phase des Rennens ist der Blick auf das Echolot häufiger als in die Segel. Dass diese Taktik die Richtige ist, zeigt sich bereits nach ca. einer Stunde als wir die Boote der ersten Gruppe, die 12 Minuten vor uns gestartet sind, eingeholt haben.
Nicht nur die Vorhersage unseres Taktikers, dass der Wind unmittelbar vor der Küste kräftiger weht, stimmt genau, sondern auch die Prognose, dass der hauptsächlich durch Thermik hervorgerufene Wind im Uhrzeigersinn mit der Sonne dreht. Das erlaubt uns auf am Wind Kurs einen perfekten Anleger auf die Ziellinie zu segeln, die sich auf Höhe des Leuchtturms von Cala Figuera befindet.
Leider müssen wir später erfahren, dass der Lauf abgebrochen werden muss und damit nicht gewertet werden kann, da der Wind vor Zielüberquerung der letzten Boote komplett eingeschlafen ist.
Die gute Laune lassen wir uns aber nicht verderben! Am Abend steigt zunächst in und später vor der Maha die beste Stegparty auf Mallorca überhaupt! Mit Hits wie „Schnappi“ und „Ein Stern, der deinen Namen trägt...“ wird bis tief in die Nacht gesungen und getanzt!
Am nächsten Morgen sind alle wieder fit und um 09.00 Uhr wird bei der Skipperbesprechung die Startlinie definiert. Um 10.30 Uhr laufen die 20 Yachten der 12. Balearen Sailing Week aus und kreisen alle zusammen in der Bucht von Cala Longa, da die Startlinie gleich in der Mündung gesetzt ist.
Diesmal wird nicht in Gruppen gestartet. In einem definierten Zeitfenster passiert jeder die Startlinie. Die Zeit des Überquerens ist dann die jeweilige Startzeit.
Unser Taktiker hält einen möglichst späten Start für den besten Schachzug. Anders als am Vortag sieht er aufgrund der heutigen Witterungsbedingungen diesmal seewärts die besten Winde. Somit verlassen wir die Küste und damit auch die meisten anderen Boote, die – eventuell von unserer Taktik des Vortages beeindruckt – in Küstennähe bessere Winde vermuten, was natürlich nicht zutrifft.
Mit einem RTL-Boot liefern wir uns ein minutenlanges Luv-Gefecht, drehen dann aber ab, um die anderen nicht aus dem Auge zu verlieren.
Die Manöver funktionieren hervorragend und so kämpfen wir mit einer weiteren RTL-Yacht an der Ziellinie um Position 2. Hier wird es ganz heiß!
Wir wenden kurz vor der Ziellinie in das Kielwasser der Bavaria 46. Die RTL-Crew entscheidet sich eine Sekunde später für das gleiche Manöver, bekommt jedoch die Genua nicht rechtzeitig losgeschmissen und geht mit back stehendem Vorsegel unmittelbar auf Kollisionskurs. Es geht um Zentimeter! Unser Skipper hat keine Wahl. Er weicht im letzten Augenblick mit direktem Kurs auf das nur wenige Meter entfernte Zielschiff aus. Dieses entscheidet sich im letzten Augenblick für das Manöver „Hebel on the table“, vergrößert unter Vollgas die Zieldurchfahrt um ein paar Meter und verhindert so die unmittelbare Kollision.
Letztendlich passieren wir als 2. Boot hinter Wolfgang Kühner und vor der RTL-Crew die Ziellinie. Zu welcher Platzierung dieses Ergebnis letztendlich führen wird, wissen wir jetz noch nicht, da wir die Startzeiten der anderen Boote innerhalb des 15-minütigen Startfensters nicht kennen. Sicher ist aber, dass wir ganz am Ende gestartet sind und uns die nach Yardstick schnellere Bavaria 46 einige Sekunden vergüten muss. Für einen Platz auf dem Treppchen sollte es reichen, nur welcher?
Unglücklicherweise schmeißt der Steuermann des Anlegemanövers eine der beiden edlen Flaschen über Bord. Die Flasche sinkt schnell zum 4m tiefen Meeresboden. Um sein Missgeschick wieder gut zu machen, greift der Steuermann zu Schnorchel und Taucherbrille, um die Flasche zurück zu bekommen. Bei geschätzten 20 cm Sicht im trüben Hafenbecken gestaltet sich das Manöver langwieriger als gedacht. Schließlich gelingt die Bergeaktion aber doch und die Flasche steht wieder sicher an Deck!
Welch tragische Konsequenz diese Aktion zur Folge hat, wird uns erst später bewusst...
Am Abend werden die Tagessieger der drei Gruppen geehrt und wir haben den 1. Platz in der Gruppe der größten Yachten belegt. Ein toller Erfolg!
In der Nacht passiert, was der Wetterbericht schon seit Tagen grob ankündigte: Ein Sturm erreicht die Südküste von Mallorca und richtet insbesondere in Andratx schwere Schäden an. Obwohl Starkwind angekündigt war, hat keine Vorhersage einen so heftigen Sturm prognostiziert.
Für Mittag sind weiterhin Windstärken um 7 Beauforts, in Böen 8-10 gemeldet, so dass wir uns entscheiden, erst einmal abzuwarten. Am frühen Nachmittag legen einige Yachten ab, kommen aber aufgrund des heftigen Seegangs wieder zurück.
Am späten Nachmittag entschließen sich einige beider ASK-Crews auf der Maha gemeinsam vor der Bucht von Porto Cristo ein Starkwindtraining durchzuführen. Wir steigen in unser Ölzeug, legen Lifebelts an, checken die Lifelines und kontrollieren die Seeventile und Luken doppelt.
Auszug aus dem Logbuch:
"2 Crewmitglieder, die an Land geblieben sind, werden an Bord vermisst. -> Koordination bei der Kaffeepause miserabel - Kaffee fehlt!"
Porto Cristo nach Cala D'Or
Dank der WLAN-Verbindung in Porto Cristo können wir detaillierte Wetterinformationen empfangen und auswerten. Mittlerweile sind wir auch für die Regattaleitung eine häufig frequentierte Quelle bzgl. meteorologischer Analysen.
Auszug aus dem Logbuch:
"Eugenia steuert die Yacht ebenso mutig wie lässig durch die stürmische See - Skipper begeistert!"
Der Wind nimmt zu und bläst konstant mit über 40 Knoten! Unter stark gerefften Segeln kreuzen wir bei 3-4m Welle gegenan und sehen nach einigen Stunden ein, dass es kaum Sinn ergibt, mit aller Gewalt um das Südkap herum zu kommen, um Kurs auf Palma anzulegen. Wir sprechen uns mit der Pepe ab und segeln dann gemeinsam an die Küste, um von dort unter Motor den Hafen von Cala D’Or anzulaufen.
Mittlerweile ist es Freitag und spätestens am Samstag wollen wir in Palma sein. Eine Crew ist aufgrund der Wetterverhältnisse bereits mit dem Taxi abgereist und hat dem Vercharterer die Überführung ihrer Yacht nach Palma überlassen. Das wollen wir nicht!
Nach genauer Analyse der aktuellen Wetterdaten, laufen wir zusammen mit der Pepe um 10.00 Uhr aus. Um die Situation nicht allzu sehr herauszufordern, fahren wir unter Motor in Küstennähe bis zum Südostkap Mallorcas. Der Kurs ist bei immer noch 3-4 m Welle nichts für empfindliche Mägen.
6 Stunden nach Auslaufen aus Cala D’Or legen wir gegen 16.00 Uhr in Palma an. Allen Seglern stehen die Anstrengungen der letzten Tage ins Gesicht geschrieben. Die Regattaleitung begrüßt uns bereits am Steg und gratuliert zu hervorragender Seemannschaft. Nach so einem Tag schmecke das erste Bier nach dem Anlegen immer besonders gut – stimmt!
Am Abend feiert insbesondre die Jungend von Palma ausgelassen Halloween und so entscheiden auch wir uns, in die Stadt zu ziehen. Ein harter Kern hält bis tief in die Nacht durch, doch der Rest lässt den Abend gemütlich auf dem Achterdeck der Maha ausklingen, um wenig später in die wohl verdiente Koje zu fallen.
Am Samstag ist der Wind wieder abgeflaut. Da aber noch nicht alle Yachten der Balearen Sailing Week den sicheren Heimathafen erreicht haben, kann kein weiterer Regattalauf stattfinden.
Als einziges Boot besetzen wir die Pepe mit einer aus den beiden ASK-Crews gemischten Mannschaft und laufen gegen Mittag für ein paar Stunden aus, um mit der kleinen Dufour 385 auf den Wellen zu tanzen. Der Wind ist perfekt!
Am Abend lädt der Veranstalter noch einmal zum Essen im Restaurant ein. Das Menu ist wieder fantastisch, der Wein auch. Die brasilianische Tanzgruppe bringt uns fast so gut in Stimmung, wie der Bord-DJ mit Schnappi und dem Badnerlied...
Die darauffolgende Siegerehrung ist besonders spannend. Wir vermuten uns auf einem der ersten drei Plätze. Jede Crew wird in der Reihenfolge ihrer Platzierung absteigend aufgerufen und keiner der Skipper verzichtet auf ein paar Worte zur Woche... Platz 3? Yacht Nr. 13 – nicht wir. Platz 2? Yacht Nr. 10 – auch nicht wir. Nun fallen wir uns in die Arme! Wir haben es tatsächlich geschafft und können den Pott wieder mit nach Karlsruhe nehmen!
Die „Pepe“ hat als kleinste Yacht der Regatta bei diesen Wetterbedingungen keine Chance auf einen der vorderen Plätze gehabt. In ihrer Gruppe hat sich die Crew unter Skipper Felix aber dennoch gut geschlagen. Dass Boot heil in den Hafen gebracht zu haben, verdient in diesem Fall höchste Anerkennung!
Der Steuermann des Anlegermanövers auf der Maha in Porto Cristo hat unfreiwillig eine Opfergabe in Form einer guten Flasche Rotwein an Rasmus gegeben. Kurz darauf wurde sie ihm durch ein böswilliges Tauchmanöver wieder entrissen. Das hat Rasmus zornig gestimmt, woraufhin er aus vollen Lungen diesen Jahrzehntsturm über die Insel blies...
Die Feier geht bis spät in die Nacht. Die letzten entscheiden sich, gegen 05.00 Uhr schlafen zu gehen, denn um 06.30 Uhr warten bereits die Taxis, um uns zum Flughafen zu bringen. Wessen Idee ist es eigentlich gewesen, an einem Sonntagmorgen nach der Siegerehrung um 09.00 Uhr abfliegen zu wollen?
Welch eine Woche!
Schlusswort
Einen ganz besonderen Beitrag für die unglaublich gute Stimmung an Bord haben Eugenia und Tatjana mit ihrer exzellenten kulinarischen Versorgung an Bord geleistet. Wer nur ans Essen oder an einen Snack für zwischendurch dachte, bekam den Wunsch im nächsten Augenblick erfüllt. Vielen Dank euch beiden, das war absolut super!
Insbesondere gilt unser Dank natürlich unserem Skipper, der jederzeit einen kühlen Kopf bewahrte...
...und unserem Taktiker, der in jeder Situation genau wusste, wo der Wind weht!
Wir sind nächstes Jahr wieder dabei!
Bericht: Birger Becker, Ergänzungen durch Rainer Badent.
Fotos: Crew