„Zunächst mal waren da zwei sehr sehr ausführlichen Vortreffen, bei denen neben organisatorischen Angelegenheiten auch viel Regattavorbereitung stattfand, Creweinteilung, Regattaregeln, Equipment,…“ – mit diesen Worten beginnt der Webbericht der Voiles de Saint Tropez 2015 und es trifft die Sache auf den Punkt. Bei leckerer südfranzösischer Küche bereiten wir das Regattaprojekt detailliert vor, teilen die On- und Offshore Crewaufgaben und verteilen die Vorbereitungsaufgaben im Vorfeld der Abreise. Da wir das vierte Mal in Folge teilnehmen, erfolgt dies inzwischen routiniert. Die To-Do-Listen werden dadurch nicht kürzer, inzwischen umfasst die Materialliste von der Taucherausrüstung zur Inspektion und Reinigung des Unterwasserschiffes über umfangreiche Materialkisten bis zum Werkzeug für den Riggtrimm so ziemlich alles.
Am Freitag 16.9. um halb 7 morgens starten Eugenia, Dirk, Drizzt, Rainer und Peter vom IEH in Karlsruhe aus. Obwohl drei Segler separat anreisen, ist der Stadtmobil Sprinter durch das mitzunehmende Material sehr gut gefüllt. Am späten Freitag Nachmittag erreichen wir Port Grimaud und übernehmen das Ferienhaus. Nach einer größeren Suche finden wir allerlei verstecke Schalter und Ventile für Gas, Wasser und Strom – endlich haben wir das Haus im Griff und fühlen uns wie „Stadtwerker“. Zeit für die restliche Logistik, ab zum Großeinkauf.
Kaum sind wir am frühen Abend davon zurück, trifft Frank ein. Bei einem kalten Imbiss lassen wir den Abend ausklingen und freuen uns darauf, die Regattayacht am nächsten Tag zu übernehmen. Tief in der Nacht trifft mit Thomas und Tiemo die Münchener Delegation ein und schleicht sich leise ins Haus...
V.l.n.r.; Thomas (Genua- / Gennakerschot), Tiemo (Vorschiff), Peter (Großschot); Hinten: Frank (Steuer Down-Wind / Genuaschot), Dirk F. (Steuer Up-Wind / Gennakerschot), Eugenia (Pit), Rainer (Taktik, Navi), Dirk M. (Mast)
Am späten Samstagmorgen liegt die „Jacana“ vor unserem Haus. Nach einer Stunde ist das Boot ausgeräumt, die Spischoten getauscht – Zeit für die Optimierung der einzelnen Arbeitsplätze. Blöcke werden geschmiert, der Mast abgetaped, die Relingsschoner montiert, das 7/8 Spifall zum zweiten Genuafall umgetütelt...
Gegen 16 Uhr holen wir die Regattasegel und den 90 m^2 Gennaker bei Marc ab, checken das Material und legen die Segel.
Abends fahren wir nach Saint Tropez zum Essen und genießen einen Drink beim legendären Senequier.
Der Wetterbericht verspricht für den ersten Trainingstag auf See 2-3 Windstärken aus West bei strahlendem Sonnenschein. Nach dem Frühstück geht es raus. Kurz nach der Hafenmole geht das Groß und „Moby Dick“, der große Gennaker, hoch und das Training startet. Bei 10 bis 18 kn Westwind fahren wir aus der Bucht von Saint Tropez heraus und arbeiten an den Shiften. Diese laufen gut, und der Skipper zieht die Stoppuhr für die Optimierung des Feinschliffs. Basse Rabiou und La Moutte liegen schnell hinter uns und wir trainieren den restlichen Tag im Startgebiet der Voiles de Saint Tropez an den Manövern.
Am späten Nachmittag kreuzen wir zurück in die Bucht und arbeiten am Trimm des Schiffs. Dabei zeigt die Baustelle vom letzten Jahr, die Riggspannung, dringender Handlungsbedarf. Die Lee-Wanten hängen bereits bei 10 kn am Wind komplett durch.
Wir machen das Beste draus und üben den Umgang mit den wechselhaften Bedingungen beim Zieleinlauf auf Saint Tropez zu. Rechtzeitig vor einem kurzen Schauer liegt das Schiff wieder in Port Grimaud. Nachdem das Schiff aufgeklart ist, arbeitet ein Teil der Crew am Rigg, während die Küchencrew Boeuf Stroganoff zaubert. Bei einem Cuba Libre zu Louis de Funes „Der Gendarm von Saint Tropez“ lassen wir den Abend ausklingen.
Gegen 10.30 Uhr kommt eine erste Brise Wind aus Ost auf und wir laufen zum Training aus. Vor dem Wind kreuzen wir unter Gennaker aus der Bucht raus und arbeiten im Regattagebiet am Vor- und Am-Wind-Trimm und den Manövern. Schnell zeigt sich dabei, dass das Thema Rigg noch nicht vom Tisch ist. Die Lee-Mittelwanten hängen trotz stärker Riggspannung stark durch.
Am späteren Nachmittag üben wir wieder den Zieleinlauf ab Basse Rabiou Richtung Saint Tropez. Bei böigen Winden zwischen Halb- bis Am-Wind wird den Schotern dabei nicht langweilig. Nach der Ziellinie querab zum Tour du Portalet gehen wir nach einem langen Segeltag in den Cruising-Mode über und genießen die knappe Seemeile nach Port Grimaud.
Nach einem Yellow Suze Tonic als Anleger geht es weiter. Marc ist da und macht sich zusammen mit dem Rigg-Team ans Nachspannen des Riggs. Am frühen Abend stößt unser erster Vorsitzender Oliver dazu. Nach dem gemeinsamen Abendessen werden GoPro-Videos des Segeltages ausgewertet und der Abend klingt aus.
Am späten Vormittag baut sich die Thermik soweit auf, dass es zusammen mit Oliver als „Crew Media Member“ auf See raus geht. Bei Ostwind geht es hart Am Wind aus der Bucht raus, und wir sehen sofort daß der Rigtrimm jetzt passt!
Nach einer längeren Trimmfahrt am Wind bei 10-18 kn Wind kommen wir im Regattagebiet an und werfen eine Tonne zum Training des Luvtonnen-Manövers aus. In den folgenden Up- und Down können wir intensiv alle Manöver und Trimmeinstellungen trainieren.
Auch heute trainieren wir wieder die Zieleinfahrt, diesmal bei Westwind unter Gennaker. Beim Passieren der Zielmarke wird der Gennaker geborgen und es geht nach Hause.
Nach dem Frühstück will kein Wind aufkommen. Trotzdem legen wir ab – den Werfttermin um 16 Uhr im Hinterkopf habend. Bei sehr schwachen Winden von Flaute bis 6-7kn in „Böen“ kreuzen wir langsam aber sicher aus der Bucht. Von dort aus geht es unter dem kleinen Gennaker wieder Richtung Saint Tropez, wobei einige Wolken mit Winddrehern und kurzfristigen Auffrischern für Unterhaltung sorgen.
Um 15 Uhr sind wir bei einsetzendem Regen wieder fest. Nach dem obligatorischen Anleger fahren Dirk F., Frank, Rainer, Thomas mit dem Boot zur Werft. Das Unterwasserschiff hat wohl seit unserer letzten Voiles niemand angefasst und es ist harte Arbeit, alle Seepocken, Muscheln und Kalkwürmer vom Rumpf zu schrubben.
Heute erwartet uns eine leichte Brise aus Ost bis Südost. Direkt nach dem Frühstück legen wir ab, um für den ersten Programmpunkt des Tages vor dem Strand an der Außenmole an einer Tonne fest zu machen. Drizzt schlüpft in die Taucherausrüstung und bearbeitet zusammen mit Peter die Stellen des Unterwasserschiffes nach, die gestern durch die Schlüpp des Hafenkrans nicht zugänglich werden. Die restliche Crew nutzt den Zwischenstopp, um das Rigg weiter zu optimieren.
Nach einer guten Stunde glänzt der Rumpf – der Werfttermin und die Nacharbeiten am Rumpf aus See waren dringend notwendig, bei gleicher Motordrehzahl und identischer Wind und Welle läuft die Yacht jetzt über 1 kn (!) schneller! Kreuzend verlassen wir die Bucht, wobei wir am Feintrimm und den Wenden intensiv arbeiten. In Höhe von Ste. Maxime geht die Trainingstonne raus, die uns später als Leemarke dient. Bis zum späten Nachmittag kreuzen wir mehrfach bis Basse Rabiou, ziehen den Gennaker und optimieren die Abläufe und das Timing beim Luv- und Leemanöver.
Im Anschluss trainieren wir noch die Vorstartphase, um danach abschließend den üblichen Zieleinlauf Richtung Saint Tropez zu fahren. Die am frühen Abend absterbende Thermik mit sehr wechselhaften Bedingungen hält dabei die Crew bei Laune. Querab zum Tour du Portalet wechseln wir in den Cruising Mode und genießen bei einem Kaltgetränk die Abendsonne bis Port Grimaud.
Um kurz vor 11 Uhr strahlt der Himmel azurblau – und es herrscht totale Flaute. Wir laufen trotzdem aus, um auf die einsetzende Thermik im Trainingsgebiet zu warten. Bis Maxime ist die See spiegelglatt; die Wallys und J-Class sind inzwischen im Regattagebiet aktiv und motoren ebenfalls hinaus. In Höhe von La Moutte frischt der Wind auf und wir ziehen die Segel. Auf dem Am-Wind Kurs können wir den Leedurchbruch der Wally 100 „Magic Carpet“ nicht verhindern.
Im Startgebiet der Regatta angekommen werfen wir eine Leetonne und starten ein intensives Up- & Downtraining. Der Fokus liegt am Wind weiterhin auf Feintrimm und dem Ablauf der Wenden. Downwind vergleichen wir die beiden Gennaker auf verschiedenen Kursen und bringen die Jacana in längeren Passagen zur Freude von Tiemo und dem Skipper in Gleitfahrt. Außerdem shiften, shiften, shiften...
Mit dem Zieleinlauf in die Bucht von Saint Tropez endet der Segeltag.
Morgens liegt eine geschlosssene Wolkendecke über uns und kein Lufthauch ist spürbar. Damit ist bereits klar, dass es ein sehr schwachwindiger Tag wird. Gegen 10 Uhr legen wir ab Richtung Saint Tropez. Der Hafen ist voll im Regattamode und randvoll. Wir setzen kurz Rainer, Dirk und Peter an Land ab, damit die Regattaanmeldung abgeschlossen ist. Kurz nach 11 Uhr sind alle wieder an Bord. In der Bucht hat es Winde um die 3-6 kn, und wir kreuzen Richtung Basse Rabiou. Auch außerhalb der Bucht wird der Wind nur minimal stärker. Wir trainieren Up- und Downs und nutzen die von den großen Yachten ausgebrachten Trainingstonnen. Die Wallys und IRC A Schiffe bieten dabei eine spektakuläre Kulisse.
Zum Nachmittag lösen sich die Wolken über der Bucht auf und der Wind zieht auf bis zu 12 kn an. Wir nutzen die guten Bedingungen, um eine Zieleinfahrt nach Saint Tropez unter Gennaker zu fahren.
Bei vollem Sonnenschein und null Wind legen wir kurz vor 11 Uhr ab. Bei sehr schwachen Windverhältnissen und eine Dank sehr vielen Motorbooten sehr kabbeligen Welle haben wir viel zu tun, das Schiff am Laufen zu halten. In Höhe von Saint Tropez ziehen wir den Gennaker und optimieren den Barberholer Trimm, um auch bei diesen Verhältnisse mit Tiefe und Speed nach Lee zu kommen. Daß die Bemühungen sich lohnen, zeigt sich beim zweiten Downwindschlag. Einer besser verrechnete J-112 aus unserer Klasse nehmen wir ordentlich Meter ab und bauen rasch einen komfortablen Vorsprung auf. Mit diesem positiven Erlebnis fahren wir noch ein Leetonnenmanöver und schliessen den Tag auf See ab. Gegen 15 Uhr sind wir wieder fest, und nach kurzer Freizeit bildet uns unser Skipper mit einem Regelkundeseminar fort.
Abends geht es dann nach Saint Tropez...
Das Studium der Wetterprognose beim Frühstück verspricht für die Wettfahrt eine leichte Brise. Kurz vor 11 Uhr erreichen wir das Startgebiet. Pünktlich dazu kommt auf VHF 72 „Aperçu!“ – auf das französische Regattakomitee ist Verlaß. Eine Neuerung hat die diesjährige Voiles: Auf die Offsettonne nach der Startlinie wird laut Segelanweisung verzichtet, und prompt erwartet uns ein Halbwindstart mit Steuerbordbug zur nächsten Bahnmarke bei einem TWA von etwa 110 und 10-12 kn TWS. Da wir als letzte Klasse starten, können wir die Starts der größeren Klassen und deren Kurse studieren. Schnell wird klar, dass auch für High-Tech Racer der IRC A und B mit ausführlichster Segelgarderobe der Kurs für Gennaker zu spitz ist.
Wir entscheiden uns dafür, in Steuerbord der Startlinie das 5 Minuten Signal abzuwarten und auf Vorfahrtsbug durch das Feld zu pflügen, um eine knappe Minute vor Regattastart reinzuwenden, auf Halbwindkurs abzufallen und mit viel Speed in der ersten Reihe über die Startlinie zu gehen Der erste Start ist super getimed und ein Nullstart. Mit freiem Wind kommen wir los, doch leider schallt es gleich danach aus der Handfunke „rappel général“. Auch beim zweiten Start bleiben wir bei der Taktik und fahren mit freien Wind einen Nullstart.
Die erste Hälfte der Bahn läuft super und wir fahren in der Spitzengruppe mit. Dann verwickeln wir uns in ein Luvgefecht. Dies mag fürs Matchracing taktisch wertvoll und von außen schön anzuschauen sein, das restliche Regattafeld profitiert jedoch davon. An der Leetonne können wir verlorenen Boden gut machen, da einige Boote leicht Kontakt haben und wir innendurch ziehen können.
Die folgende Kreuz ist durch stark nachlassende und variable Winde zwischen 4-8 kn geprägt. Leider wird die Welle dadurch nicht kleiner, und wir sind sehr gefordert, die Jacana am Laufen zu halten. Bis zur Luvmarke haben wir dadurch auf die Spitzengruppe einige Minuten verloren.
Auch die folgende Downwindkreuz über eine Bahnmarkentonne bis zum Ziel vor Saint Tropez fordert uns mit schwachen Winden. Zudem ist die taktische Positionierung sehr wichtig, da die Boote der IRC A und B sowie die Wallys von hinten wie an einer Perlenschnur angeschossen kommen. Deren Skipper wollen auch die Ideallinie fahren! Egal ob 20 m in Lee oder Luv der Riesenyachten, das eigene Schiff steht dann für 30 Sekunden. Dies wird uns schnell bewusst als die Wally „Better Place“ -- weltgrößte Performance Sloop mit einer LÜA von 50,5m -- unter Gennaker mit einer Segelfläche von 1.100 m^2 direkt in Lee an uns vorbeizieht.
In der Bucht von Saint Tropez angekommen profitieren wir von unseren allabendlichen Zieleinfahrtssimulationen während der Trainingsphase und können das Wissen über die lokalen Winddüsen gut nutzen. Nach knapp 3 h passieren wir die Ziellinie, bergen „Moby Dick“ und fahren unter Groß bis Port Grimaud.
Abends sind wir mit unserem Resultat 14/36 zufrieden, auch wenn wir ärgerlicherweise nur 2,4 Sekunden hinter Platz 13 verrechnet sind. Für morgen haben wir zudem Optimierungspotentiale identifiziert.
Bereits beim Verlassen des Hafens ist klar: es hat heute nochmal deutlich weniger Wind. Im Startgebiet schwankt der Wind zwischen 1-2 kn bis 3-4 kn aus Nordost. Das Startschiff lässt es sich nicht nehmen, die Startverschiebung über Funk anzuzählen. Für die nächsten 3,5 Stunden bleibt diese bestehen, und wir verbringen die Zeit mit Leichtwindtrimmfahrten, Regeneration und der Suche nach der Althinimax, auf der unser 1. Vorsitzender Oliver heute mitfährt.
Kurz vor 14 Uhr frischt es auf und die Wettfahrt wird angesetzt. Leider endet es vor dem 1. Start wieder in einer Startverschiebung, da es rasch abflaut. 30 Minuten später der zweite Anlauf, und diesmal laufen die Starts an. Wir warten als letzte Startgruppe lange, da 3 von 4 vor uns startenden Klassen einen Sammelrückruf haben. Gegen 15 Uhr sind wir gestartet – und der Wind ist wieder weg.
Mit maximalen Leichtwindtrimm suchen wir auf dem ersten Am-Wind Schlag das leicht gekräuselte Wasser (2-3 kn), das stärker gekräuselte Wasser (3-4 kn) und versuchen den Ölglatten Flautetümpeln so gut möglich auszuweichen. Die Jacana läuft dabei um die 2-3 kn. Eine Stunde nach Start verkündet die Regattaleitung, dass für unsere Klasse die Wettfahrt an der ersten Bahnmarke endet. Zu diesem Zeitpunkt brauchen wir noch 1-2h bis dorthin, das sollten wir problemlos bis Zielschluss schaffen.
Als die Bahnmarke – endlich (!) – in Sicht kommt und wir geschätzt noch 30 Minuten bis dorthin benötigen, überrascht uns die Wettfahrtleitung mit dem Funkspruch, dass „Novembre sur Oscar“ gesetzt ist. Wettfahrtabbruch! Nach dem wir so lange in der Startverschiebung gedümpelt haben, und im guten Mittelfeld platziert kurz vor Ende der Wettfahrt sind, bedauern wir diese Entscheidung. Dennoch verbuchen wir es als guten Tag, an dem wir intensiv und hochmotiviert das Regattieren unter Leichtwindbedingungen des Typs „Bodensee“ trainiert haben.
Nun sind wir alle zurück, und gleich geht es auf den BMW Yachting Cocktail im Pearl Beach.
Heute herrscht deutsche Pünktlichkeit beim Regattakomitee. Um 10.50 Uhr wird der erste Start auf 11 Uhr angekündigt. Das erste Mal in vier Jahren Voiles kein „Aperçu“. Bei 10-12 kn TWS aus Ost ist es wieder ein Halbwindstart mit Steuerbordbug zur ersten Tonne. Die ersten Startgruppen zeigen, daß das Ganze als sehr spitzer Gennakerkurs zu bewältigen ist.
Wir wiederholen unsere Startstrategie von Montag, kommen jedoch nicht ganz als Nullstart über die Linie. Auf der ersten Bahn nehmen wir anfangs Höhe unter Genua mit, um dann den kleinen 90 m^2 Gennaker zu ziehen. Unsere Schoter bekommen diesen stabil unter 50-60 Grad AWA zu stehen, dabei pflügen wir um die 8 kn mit Anlieger auf die erste Bahnmarke zu, ein richtig heißer Ritt. Zahlreiche Konkurrenten überholen wir dabei in Luv, da wir den Gennakerkurs einige Grad höher stabil zum Stehen bekommen.
Die Leetonne runden wir in der Spitzengruppe. Auf der folgenden Kreuz sind wir gut dabei. Für einen Schlag übertreiben wir es mit der Trimmoptimierung, die entstandene Lücke zur Spitzengruppe können wir danach bis zur Luvtonne wieder schliessen. Beim Runden der Tonne geht „Moby Dick“ hoch und steht wenige Sekunden später.
Bei 8-10 kn TWS sind wir gut dabei. Leider nimmt langsam aber stetig der Wind auf 4-6 kn TWS ab. Da Moby Dick ein A2 für mittlere Winde im Bereich 8-18 kn ist, müssen wir jetzt auf einen A1 oder A1.5 wechseln.
Leider fehlt uns diese Segelausstattung, was zur Folge hat, daß trotz aller Trimmbemühungen der Abstand zur Spitzengruppe langsam aber sicher wächst. Um bei den Kursen der Voiles de Saint Tropez – und den von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlichen Windbedingungen – vorne dabei zu sein, braucht man nach unseren Erfahrungen der letzten 4 Jahre unter 6 Vorwindsegeln in der Segelgarderobe nicht anzufangen. Jeweils ein Gennaker für leichte, mittlere und starke Winde und das jeweils als Reacher und Runner, macht also sechs. Dann noch optional ein Code Zero (A0) und wir sind voll dabei!
In den Shiften kämpfen wir damit, Tempo im Schiff zu halten. Nach über 1 Stunde bei sehr leichten Winden erreichen wir die Thermik der Bucht von Saint Tropez und freuen uns sehr über 8-10 kn und endlich wieder 6-8 kn Fahrt durchs Wasser. Auf der Vorwindzielkreuz ziehen wir dann wieder an 4-5 Booten vorbei. Gegen 15 Uhr erreichen wir das Ziel, bergen die Segel und motoren nach Port Grimaud.
Unseren Anleger nehmen wir an der Strandbar von Port Grimaud an. Dabei bemerken wir, daß zwischenzeitlich die Thermik deutlich aufgefrischt hat, und damit sicherlich weiter auf See hinausgereicht hätte. Im Zweifelsfall wissen wir zukünftig einen „Aperçu“ zu schätzen!
Abends sehen wir in der Ergebnisliste, daß wir an der Luvtonne gut in der Top 10 mitgesegelt sind, Downwind jedoch auf den 19 (ex 18) von 36 Plätzen durchgereicht wurden. Angesichts des hochkarätigen Regattafelds ist das eine Platzierung, die wir bei unserer suboptimalen Ausstattung als wirklich gut ansehen.
Donnerstag, der historische Layday der Voiles de Saint Tropez, bei der zwei klassische Yachten um den „Club 55 Cup“ kämpfen. Dieses Jahr wird das Duell zwischen der „Star Sapphire“ und der „Eugenia V“ ausgetragen, wobei sich letztere auf den knapp 10 sm von Saint Tropez bis zum Strand vom Pampelonne durchsetzt.
Dort sind wir ab 13 Uhr zum traditionellen Crew Dinner und lassen uns von der südfranzösischen Küche verzaubern. Den Nachmittag verbringen wir in Saint Tropez und schauen die Crew Parade an. Abends kehren wir in unserer Ferienhaus nach Port Grimaud zurück und lassen den Tag ausklingen – für die folgenden beiden Regattatage müssen wir fit sein!
Pünktlich auf 11 Uhr erfolgt der Aperçu. Die Windex zeigt für die folgenden 1,5 Stunden 0,0 kn Wind an und wir dümpeln und baden in der See. Bei 2-3 kn TWS aus Süd beginnt die Startprozedur, diesmal als klassische Kreuz zur ersten Tonne. Erwarten uns schon wieder Leichtwindbedingungen? Die meisten Windprognosen haben um die 10 kn versprochen. Wir warten lange auf unseren Start, denn die großen Klassen machen einen Fehlstart nach dem anderen. Einige Yachten werden mit Black Flag Start disqualifiziert, unter anderem die „Rampler 88“, die bis dahin ihr Feld souverän angeführt hat.
Bis zu unserm Start frischt der Wind auf etwa 15 kn TWS an. Wir fahren auf Halbwind mit Wind von Steuerbord knapp hinter der Startlinie entlang und ziehen zum Start rein. Einige Yachten um uns sind vor uns; da die Startlinie heute lang ist, ist schwer zu beurteilen, wer zu früh oder zu spät ist.
Auf der Kreuz lässt es einen Schlag, der Genua-Barberholer rauscht aus seinem Fallenstopper aus. Segeln mit Druck in den Segeln deckt Schwächen im Material schonungslos auf. Nach kurzer Zeit erreichen wir die Layline zur nächsten Tonne, die wir um ein paar Meter überfahren. Da sich an der Tonne die perfekte Lücke für uns (auf Steuerbordbug kommend) öffnet, ist es nicht weiter tragisch. Auf dem folgenden Halbwindschlag zur nächsten Tonne pflügt die Jacana zwischen 7-9 kn durchs Wasser, wobei wir uns von allen Konkurrenten frei halten und einige Meter gut machen.
An der Tonne geht der kleine Gennaker hoch, wobei wir einigen Ärger mit einem Slipstek in der inaktiven Schot haben. Im Zusammenspiel von Vor- und Achterschiff lässt sich dieser endlich lösen. In Zukunft tapen wir nicht nur die Leinen auf dem Vorschiff, sondern alles was mit dem Vorwindsegel zusammenhängt. Der Slipsteg ist doch was fürs entspannte Fahrtensegeln. Auf der folgenden Bahn mit auffrischenden und böigen Wind um 20 kn TWS macht die Jacana bei 7-9 kn gut Lage auf dem Weg zur Luvtonne. Die anschließende Kreuz ist kurz und ein Reff lohnt sich nicht. Wie das restliche Feld pflügen wir ziemlich overpowered durchs Wasser. Die Jacana schneidet heftig in die größeren Wellen ein und alle auf der Kante werden gut durchgespült. Da bei der Lage Kantengewicht äußerst wichtig ist, packt Tiemo in Rekordtempo allein den Gennaker und Rainer klettert einige Höhenmeter durchs steile und rutschige Achterschiff, um neben der Taktik Barberholer, Gennakerschot, Genuaschot, Achterstagleine und Genuaholepunktleinen auseinander zu sortieren. Währenddessen streikt noch das Taktiknavi – sobald Wasser überkommt, funktioniert die tolle Touchtechnik nicht mehr.
Auf dem folgenden Downwind Leg zeigt die Logge im Surf über 10 Knoten an und aktives Schoten ist absolut wichtig, um die Jacana auf Geschwindigkeit und Kurs zu halten. Die Shiften fordern uns, im Gennaker und Groß ist ordentlich Druck. An der nächsten Tonne angekommen, luven wir Richtung Saint Tropez deutlich an, wofür wir das Vorwindtuch bergen und auf Genua wechseln. Beim folgenden Zieleinlauf mit Halb- und Am-Windkursen geben wir alles, um das Schiff so schnell wie möglich zu halten. Das lohnt sich, die vor uns liegenden Schiffe haben den ein oder anderen Sonnenschuss. Zum Zieleingang fällt die Genua und die Groß wird vom Selbstholer gefahren...
Abends in Port Grimaud freuen wir uns über einen 14. von 36 Plätzen. Bis in die Top Ten hinein fehlen uns keine 5 Minuten und wir spüren, dass wir bei diesen Bedingungen das Potential dafür haben.
Für heute haben wir uns noch mal viel vorgenommen. Zum Start hat es ca. 12-16 kn Wind, Parcours Nr. 17 mit Wind aus NE, also ein Halbwind- bis Amwind-Start zur Tonne 8. Start ist mittelmäßig und wir kommen nicht vorne weg. Damit müssen wir uns auf dem kompletten Schlag mit Abwinden, Luvgefechten und sonstigem rumschlagen. Zeitweise flaut der Wind stark ab, vor der nächsten Bahnmarke wird es zum Am-Wind Schlag.
Nach der Bahnmarke fahren wir auf Steuerbordbug erst Mal ca. 10 Bootslängen weiter, ehe wir wenden mit Kurs Richtung Tonne 6. Wir verschaffen uns dadurch Raum und können frei segeln. Tonne 6 ist ein Amwind-Anleger. Daß wir uns etwas Platz verschafft haben erweist sich als goldrichtig, da von hinten die Wallys ankommen und die Boote, die direkt nach Tonne 8 gewendet haben gnadenlos abdecken. (Und eine Wally ist wie ein Hochhaus, bloß länger!). Wir sind einige Bootslängen in Luv und können dauerhaft mit Speed ohne jegliche Abdeckung unseren Kurs fahren. Mitte des Schlages tauchen dann in unserem Kielwasser weitere der Grossen auf. Wir wenden nochmal weg (trotz Anleger) um weiterhin freien Wind zu haben. Auf diesem Schlag machen wir richtig Boden gut und überholen ca. 10 Boote aus unserer Klasse und sind im vorderen Drittel des Feldes.lange Downwind Kreuz Richtung Ziel. Mit der positiven Erfahrung des letzten Schlages ist unsere Taktik wieder die Gleiche, bloß weg bleiben von den großen Pötten! Wir segeln also auf Backbordbug weiter auf der rechten Seite der Bahn um uns so von Allem fernzuhalten. Das klappt auch sehr gut und wir sind teilweise im Dauersurf mit 10-11kn Speed. Aber dann würgt uns Rasmus so richtig einen rein, obwohl wir ihm jeden Tag mit Portwein ausgiebig gewürdigt haben! Der Wind dreht ca. 20° rück und wir sind dadurch ca. 1 -1,5sm zurück in Luv. Wir kreuzen weiter mit guter Speed Richtung St. Tropez und gehen als 27. durchs Ziel. Alle Boote, die auf unserer Seite waren, haben an diesem Tag auch abgeloost.
Overall sind wir 18. von36 Booten, in der Mitte des Feldes, ganz genau genommen sogar in der ersten Hälfte (der letzte Platz zwar, aber immerhin). Es ist die beste Platzierung, die wir bei der Voiles je erreicht haben und wir sind schon etwas stolz auf die erzielte Gesamtplatzierung.
Zu Hause angekommen klarieren wir das Boot und bringen es zu Arcadie zurück, das Ganze dauert wie üblich keine 2 Stunden.
Abends gehen wir gemütlich in Port Grimaud essen und lassen den Tag ausklingen.
Den Sonntag verbringen wir mit relaxen. Zum Frühstück schauen wir Formel 1 und sehen, wie Vettel Rosberg in der ersten Kurve umdreht, oh Mann ey, das fängt ja total bescheuert an, Vettel raus, Rosberg letzter. Die Mienen hellen sich dann etwas auf, als bei Hamilton der Motor platzt, Schadensbegrenzung für Rosberg.
Gegen 10.30 Uhr holt uns Flavien mit seinem Power Rib Boat ab und ein Teil der Crew brettert, angetrieben von 200 PS, mit 40 kn durch die Bucht von St. Tropez. Bei Rabiou fahren wir Kreise um die Rambler, ein erhebendes Gefühl. Nach einer kleinen Hafenrundfahrt in St. Tropez geht's zurück zum Haus. Motorbootfahren kann auch schön sein!
Nachmittags fährt dann ein Teil der Crew zum Strand von Pampelonne. Ein Cocktail im Cinquante-Cinq, eine Liege am Strand, etwas schwimmen, etwas trinken, die super Aussicht genießen, das Leben kann herrlich sein!
Abends besuchen uns dann der Eigner und die Crew der Iskareen. Der Eigner, Arnt Bruhns, ist ein bekannter Regattasegler, der unter anderem auf der „Schlüssel von Bremen“ beim Whitbread Race 89/90 dabei war, Cape to Rio Race geskippert und auch sonst sehr aktiv mit seiner Swan und in der Drachenklasse regattiert. Beim Smalltalk stellt die Pitfrau der Iskareen dann fest, daß wir ja aus allen Winkeln Deutschlands kommen und fragt uns, wo wir denn das Jahr über gemeinsam trainieren. Auf unsere Antwort hin, daß wir nicht trainieren, sondern nur die Woche vorher nutzen stellt sie dann verblüfft und anerkennend fest: "Und dann segelt ihr so die Voiles". Auch unsere Am-Wind Fahrt am letzten Tag wurde respektvoll zur Kenntnis genommen. Zuerst haben sie sich gewundert, warum wir an der Tonne nicht gewendet haben um dann festzustellen, daß wir völlig ungestört von den "Hochhäusern" unseren Kurs fahren konnten. Es war ein sehr angenehmes Beisammensein und wir wurden mehrfach ermuntert nächstes Jahr auf jeden Fall wieder zu kommen.
Wir hatten zweieinhalb super Wochen an der Cote d'Azur, das Wetter war herrlich, Sonne und genügend Wind. Die Crew hat phantastisch harmoniert und auch zusammengearbeitet. Während der kompletten Regatta gab es keinen einzigen Bug bei den Manövern, alles klappte wie am Schnürchen. Bei jeder Luvtonne ging der Gennaker schon hoch, als die Tonne gerade mal querab war und an den Leetonnen wurde der Gennaker erst 1-2 Bootslängen vorher geborgen und wir haben trotzdem keine einzige Tonne überfahren, sondern konnten direkt an der Tonne anluven. Jede Shifte lief reibungslos und sehr schnell ab und in den kompletten zweieinhalb Wochen waren wir kein einziges Mal beim Segelmacher und alle Segel sind immer noch heile. Auch dies ist ein sicheres Zeichen für die seglerische Kompetenz der Crew.
Wir danken Herrn Klopp, Fa. Scansail für die gewohnt hervorragende Vermittlung und Unterstützung.
Mit diesem Bericht endet wahrscheinlich die Ära der "Jacana". Der Eigner will das Boot verkaufen und es steht uns dann ab nächstem Jahr nicht mehr zur Verfügung, ein äußerst bedauerlicher Umstand. Wir haben uns sehr gut auf das Boot eingestellt und kennen die Handbremsen. Mit einem neuen Boot fangen wir quasi wieder von vorne an. Wir hatten in den nunmehr fünf Jahren "Jacana" phantastische Wochen auf diesem hochklassigen Racer, die uns ewig in Erinnerung bleiben und die wir sehr vermissen würden. Es bleibt zu hoffen, daß der Eigner keinen Käufer findet. Da seine Preisvorstellungen sehr hoch sind besteht hier eine gewisse Chance, das Boot auch nächstes Jahr wieder zu bekommen. Wir würden dies sehr begrüßen.
Autor:
Peter mit Zusätzen von Rainer